Die blühende Pracht der Edelsteine

Besondere Edelsteine sind wichtige Bestandteile großer internationaler Sammlungen. Astrid Fialka-Herics, Leiterin der Dorotheum-Juwelenabteilung, stellt ihre Lieblingsschmuckstücke aus den großen Museen der Welt vor. Dieses Mal schreibt sie über den Edelsteinstrauß des Naturhistorischen Museums in Wien, der als bedeutendste Miniaturedelsteinsammlung Europas gilt.

Vom Geist der Aufklärung geprägt, standen bereits im 17. Jahrhundert zahlreiche Fürstenhäuser den neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen offen und interessiert gegenüber. Kunst- und Wunderkammern wurden gegründet, Sammlungen angelegt, die dem weiteren Studium dienen sollten.

Edelsteinstrauß aus dem Naturhistorischen Museum Wien, Foto: Naturhistorisches Museum Wien

In diesem Zusammenhang ist auch mein Lieblingsstück aus dem Naturhistorischen Museum Wien zu sehen: der faszinierende Edelsteinstrauß, ein Geschenk Maria Theresias an ihren Gatten. Franz Stephan von Lothringen, der als großer Förderer der Naturwissenschaften galt, bemühte sich darum, die bereits unter Ferdinand I. im 16. Jahrhundert gegründeten höfischen Sammlungen zu erweitern. Trotz seiner aufwendigen handwerklichen Fertigung war der Edelsteinstrauß demnach für den Bestand des Naturalienkabinettes gedacht. Jede einzelne Blüte ist ein Juwel für sich und könnte als Brosche oder Haarschmuck getragen werden. Mit der „kleinen Namenstagsüberraschung“ für ihren Gatten legte Maria Theresia den Grundstein für eine der traditionsreichsten und wertvollsten Edelsteinsammlungen in Europa.

Die angewandte Goldschmiedetechnik und die Verarbeitung der insgesamt 2.863 Steine lassen den Schluss zu, dass es sich um eine zwischen 1755 und 1763 entstandene Arbeit der Frankfurter Schule rund um Georg Gottfried Lautensack und in weiterer Folge der Werkstatt des Wiener Juweliers Johann Michael Grosser handelt.

Bunte Vielfalt: Das Bulgari-Armband ist mit Turmalinien, Citrinen, Amethysten, Topasen, Iolithen, Peridoten (zus. ca. 250 ct) bestückt. Schätzwert € 20.000 – 30.000, Auktion Juwelen 26. November 2015
Bunte Vielfalt: Das Bulgari-Armband ist mit Turmalinien, Citrinen, Amethysten, Topasen, Iolithen, Peridoten (zus. ca. 250 ct) bestückt. Schätzwert € 20.000 – 30.000, Auktion Juwelen 26. November 2015

Betrachtet man den 47 Zentimeter hohen und rund 25 Zentimeter breiten Strauß, so fallen nicht nur die Frische und Leichtigkeit der Verarbeitung auf. Auch die Farbenvielfalt und Leuchtkraft der unterschiedlichen Steine ziehen den Betrachter in Bann: Neben 1.119 Diamanten und Brillanten, über 400 Farbsteinen wie Smaragden, Saphiren und Rubinen bilden Türkise, Topase, Spinelle, Amethyste, Opale sowie verschiedene Achate, Lapislazuli, aber auch Korallen und eine Perle ein wahres Blütenmeer. Im Kontext einer Mineraliensammlung außergewöhnlich ist der Umstand, dass alle verarbeiteten Steine geschliffen sind. Die unterschiedlichsten Schliffarten der Steine heben deren besondere Farbeigenschaften hervor. So findet man Smaragd- und Treppenschliffe ebenso wie Cabochon- und Tropfenschliffe oder Steine im Brioletteschliff.

Dem Geschmack der Zeit entsprechend, wurden die Steine liebevoll zu Blüten oder kleinen Insekten zusammengestellt, die keinen Anspruch auf botanische oder zoologische Genauigkeit erheben – vielmehr standen bei den figürlichen Darstellungen dekorative Merkmale und vor allem mineralogische Gesichtspunkte im Vordergrund.

Edelsteine Halskette
Farbgewaltig: Aus Turmalinen (zus. ca. 106,2 ct), Kunziten, Hiddeniten (zus. ca. 44,40 ct) setzt sich dieses prächtige Collier zusammen. Schätzwert € 34.000 – 55.000, Auktion Juwelen, 26. November 2015

Für das mineralogische Grundmaterial sorgten die Minen Südamerikas – allen voran Brasiliens – mit ihren reichhaltigen neuen Diamantvorkommen oder Fundstätten farbintensiver Smaragde in Kolumbien.

Edelsteine mystisches Violett: Zwei Amethyste (zus. ca. 16,40 ct), ein grüner Beryll (ca. 10,50 ct) sowie ein Zurmalin (ca. 7,30 ct) schmücken das edle Ohrclip-Gehänge. Schätzwert € 4.000 – 6.000, Auktion Juwelen, 26. November 2015
Mystisches Violett: Zwei Amethyste (zus. ca. 16,40 ct), ein grüner Beryll (ca. 10,50 ct) sowie ein Zurmalin (ca. 7,30 ct) schmücken das edle Ohrclip-Gehänge. Schätzwert € 4.000 – 6.000, Auktion Juwelen, 26. November 2015

Seit jeher galt der Diamant aufgrund seiner Härte und seiner Transparenz als besonderer Stein. Neue Schliffformen wurden erarbeitet, die zu einer verstärkten Lichtbrechung führten und so den oft metallischen Farbton noch deutlicher hervorhoben. Rund um einzelne Blüten blätter angeordnet und gefasst, bilden die Diamanten einen deutlichen Kontrast zu den umschlossenen Blütenblättern und unterstreichen deren Farbintensität.

Die Entdeckung des amerikanischen Kontinents Ende des 15. Jahrhunderts eröffnete auch die Möglichkeit, neue Mineralien- und Edelsteinvorkommen zu erschließen. Für die europäischen Fürstenhäuser bedeutete dies eine nahezu unerschöpfliche Quelle für Juwelen und Insignien ihrer Macht.

Bedeutende Minen in Kolumbien, wie etwa jene von Muzo oder Chivor, lieferten tiefgrüne Smaragde in feinster Qualität, deren farbgebende Substanz Chrom ist. Wegen der hohen Empfindlichkeit werden Smaragde – so wie auch in diesem Bouquet – bis heute bevorzugt im Treppenschliff geschliffen.

Edelsteine grünes Leuchten: Ein 18 ct Smaragd strahlt von dem mit Brillianten (zus. ca. 5 ct) besetzten Weißgoldanhänger. Im Oktober am Dorotheum versteigert, erzielter Preis € 25.000
Grünes Leuchten: Ein 18 ct Smaragd strahlt von dem mit Brillianten (zus. ca. 5 ct) besetzten Weißgoldanhänger. Im Oktober am Dorotheum versteigert, erzielter Preis € 25.000

Wie der Smaragd zählt auch der Aquamarin zu den Edelsteinen der Beryll-Gruppe und stammt unter anderem ebenfalls aus Lagerstätten in Südamerika.

Eisenvorkommen im Muttergestein färben den Aquamarin tiefblau und verleihen ihm seine auch namengebende Meerwasserfarbe. Das Rot der Rubine hatte schon in der Antike starke Anziehungskraft, es wurde durch Tropfen- und Facettenschliffe besonders schön zur Geltung gebracht. In der Farbenvielfalt des Straußes sticht das intensive Rot jedenfalls deutlich hervor!

Edelsteine Amethystohrclips
Amethystohrclips mit Brillanten (zus. ca. 2,20 ct), im Oktober am Dorotheum versteigert, erzielter Preis € 1.875

Für intensive violette Farbtöne sorgen ebenfalls aus Südamerika stammende Amethyste. Obwohl dieser Stein zu den Quarzen gezählt wird, sind farbintensive große Steine selten und kostspielig. Schon in der Antike, aber auch im Buddhismus wurde dem Amethyst heilende Wirkung nachgesagt.

Zahlreiche weitere Steine wie Türkise, Spinelle, Achate, Granate, Opale, aber auch organische Substanzen wie Korallen, Molluskenschalen und eine Perle ergänzen dieses weltweit einzigartige Blumenbouquet und laden den Betrachter ein, diese farbenfrohe Mineraliensammlung, verarbeitet in zahlreichen einzelnen Juwelen, im Detail zu betrachten.

Astrid Fialka-Herics ist Leiterin der Abteilung Uhren und Juwelen, Expertin für Juwelen und gelernte Goldschmiedin.

(myART MAGAZINE Nr. 06/2015)

Auktion Juwelen
Donnerstag, 26. November 2015, 15 Uhr
Palais Dorotheum Wien

Weitere Informationen zur Auktion und den Objekten finden Sie im Online Katalog!

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