Giacomo Balla: Die Zukunft wird ein Blitz sein

Für Giacomo Balla offenbarte sich in seiner „futuristischen Rekonstruktion des Universums“ die revolutionäre und alles umfassende Rolle der Kunst bei der Neudefinition des bekannten Universums, von der Landschaft bis zum Alltagsgegenstand. Das in der Auktion Klassische Moderne angebotene Werk „Valori plastici“ ist Teil davon.

Ballas Haus war eine Ideenschmiede, in der der Künstler, teils Handwerker, teils Zauberer, farbenfrohe Projekte und Objekte („coloratissimi“) ersann, deren erfindungsreiche Umsetzung Lösungen vorwegnahm, die das moderne Design später aufgreifen sollte.

1926 musste der Künstler sein Zuhause in der Via Paisiello, einer grünen Oase zwischen Villa Borghese und Umland an der Grenze zwischen Stadt und Ager Romanus, aufgeben. Es war an der Zeit, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Dank der Intervention von Ballas Freund Michele Biancale bekam die Familie 1929 eine bescheidene Wohnung im römischen Bezirk Delle Vittorie. Balla, getrieben von dem Wunsch, „das Nützliche zu verschönern“, stürzte sich in die Umgestaltung seines neuen Heims im futuristischen Stil. Sie umfasste Möbel, Gegenstände und Wände; kein Fleck blieb unberührt. Den Gang der Wohnung in der Via Oslavia verwandelte Balla in eine Galerie, die ihm Raum für die Auseinandersetzung mit seinem futuristischen Schaffen bot.

22 quadratische Leinwände (77 x 77 cm) kommen einer historischen Aufarbeitung der Themen gleich, die den Künstler seit den 1910er-Jahren beschäftigten: vom Studium des Lichts in Düsseldorf („Compenetrazione iridescente“) zum Studium des Raums („Linee spaziali“); von der mit anderen Faktoren kombinierten linearen Geschwindigkeit („Velocità + forme rumore“) zu „Ritmo compenetrato“; von Studien des Himmels („Dinamismo spaziale“), des Meeres („Linee forza di mare“), des Lichts („Ricerca luce ideale“) und des Wortes („Buon appetito“ und „Motivo con la parola“) zum Art déco (Balfiore) und zur idealistischen Kunst der 1920er-Jahre („Istante“, „Dramma di paesaggio“, „Simpatia di contrasti“).

 

Giacomo Balla, Valori plastici, um 1929, Tempera auf Leinwand, 77 x 77 cm Schätzwert € 150.000 – 180.000
Giacomo Balla, Valori plastici, um 1929, Tempera auf Leinwand, 77 x 77 cm
erzielter Preis € 320.200

 

Fast im Widerspruch zur futuristischen Forderung, die als Kunstfriedhöfe erachteten Museen zu zerstören, machte Balla sein Zuhause zum Museum. „Valori plastici“, im November im Dorotheum zur Auktion kommend, ist eine der innovativsten Bewegungs- und Lichtstudien, die den Korridor bzw. die Galerie in Ballas Wohnung säumten; die marmornen Wolken am Horizont bewegen sich von der Vergangenheit auf die Skyline einer aufstrebenden neuen Stadt zu. Die Zukunft wird ein Blitz sein.

 

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