Waldmüller & Amerling: Gute Nachrichten

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Die Malerei des Biedermeiers

 

Ferdinand Georg Waldmüllers Werke und Bildnisse Friedrich von Amerlings repräsentieren die hohe Porträtkunst der Malerei des 19. Jahrhunderts. Die intimen Alltagszenen und Gemütsstimmungen prägen das Verständnis der Biedermeierzeit bis heute. Drei späte Arbeiten Waldmüllers und zwei frühe Werke Amerlings gelangen nun zur Auktion.

Von Katharina Nordhofen

Gute Nachrichten für Liebhaber der Kunst des Wiener Biedermeiers:

Die beiden bekanntesten Maler dieser Zeit, Ferdinand Georg Waldmüller (1793–1865) und Friedrich von Amerling (1803–1887), sind in der kommenden Auktion Gemälde des 19. Jahrhunderts mit insgesamt fünf Werken stark vertreten.

„Die Briefleserin“

Ferdinand Georg Waldmüller
Die Briefleserin, 1860
Öl auf Holz, 51 x 45 cm
Schätzwert € 280.000 – 350.000

Mit der „Briefleserin“ lässt uns Waldmüller in ein kostbares großbürgerliches Interieur blicken. In meisterhafter Lichtregie bringt er die verschiedenen Stoffe zum Leuchten: Samtige Teppiche und üppige Blumenbouquets schaffen eine großzügige Atmosphäre. Der malerische Fokus des Bildes liegt jedoch auf dem strahlenden Seidenkleid der jungen Dame, in dessen tiefen Rockfalten sich das Licht fängt und die Farben des umgebenden Raumes reflektiert werden. Emotional dreht sich alles um den Brief: Das Gesicht der Empfängerin ist vor Freude und Aufregung gerötet, ihre Augen strahlen. Der Brief scheint wohl gute Nachricht zu überbringen. Angesichts der freudigen Reaktion der Dame lächelt die Dienerin im Hintergrund verschmitzt.

 

„Herrenbildnis mit Brief“

Friedrich von Amerling
Herrenbildnis mit Brief, 1849
Öl auf Leinwand, 110 x 85 cm
Schätzwert € 6.000 – 8.000

Förmlicheren Inhalts ist hingegen wohl das Schriftstück, das der elegante Herr in Amerlings „Herrenbildnis mit Brief“ (1849) in Händen hält. Das erlesene, aber schlichte Schreibzeug im Hintergrund und der kostbare pelzverbrämte Mantel vermitteln einen ernsthaften, vertrauenswürdigen Eindruck. Gekonnt spielt Amerling mit Farbwerten zwischen mattem Rot und Grün, wodurch auch das Schwarz des Mantels vielschichtig und lebendig erscheint.

 

 

 

 

„Junges Mädchen“

Friedrich von Amerling
Junges Mädchen, 1834
Öl auf Leinwand, 50 x 41,5 cm
Schätzwert € 5.000 – 7.000

Schon in seinem frühen Bildnis „Junges Mädchen“ von 1834 zeigt sich Amerlings Meisterschaft in der Wiedergabe von Gesichtern. Der dunkle, skizzenhafte Hintergrund bringt die frischen Wangen und das weiße Kopftuch zum Leuchten. Die Ansicht im strengen Halbprofil und die klaren Gesichtszüge verleihen dem Porträt eine faszinierende Zeitlosigkeit und lassen an Vermeers berühmtes Mädchen mit dem Perlohrring denken.

 

 

 

„Blonder Knabe“

Ferdinand Georg Waldmüller
Blonder Knabe in dunkelblauem Rock und gelber Weste, 1859
Öl auf Leinwand, 44,5 x 36 cm
Schätzwert € 18.000 – 25.000

In ähnlicher Weise auf das Wesentliche reduziert wirkt Waldmüllers Bildnis eines „Blonden Knaben“ (1859). Auch hier liegt der Fokus ganz auf dem Kindergesicht mit seinem staunenden Ausdruck.

 

 

 

 

 

 

„Kinderzärtlichkeit“

Ferdinand Georg Waldmüller
Kinderzärtlichkeit, 1863
Öl auf Holz, 47,5 x 38 cm
Schätzwert € 140.000 – 180.000

Das einfachere Interieur des Gemäldes „Kinderzärtlichkeit“ von 1863 gibt Waldmüller mit ebenso großer Beobachtungsgabe wieder wie den Salon der Briefleserin. Den simplen Dielenboden und die schlichte Kleidung der Familie fängt er mit flüssigem Pinselstrich ein. Im Zentrum des Bildes steht ein alltäglicher liebevoller Moment zwischen einer Mutter und ihren zwei Kindern. Stürmisch schmiegt sich der ältere Bruder an sein Geschwisterchen, das die Mutter auf dem Schoß hält. Ein kleiner Veilchenstrauß steht in einem Wasserglas auf dem Tisch, vielleicht ein Geschenk des Knaben an seine Mutter. Bei diesem Gemälde handelt es sich um eine Variation des Sujets, das sein beliebtes Bild „Mutterglück“ zum Inhalt hat.

 

Das Spätwerk Waldmüllers

Alle drei Werke Waldmüllers in der Auktion gehören seinem Spätwerk an, sie stammen aus der Phase nach seinem Konflikt 1857 mit der Wiener Akademie. In mehreren mutigen Veröffentlichungen hatte er sich für Reformen und mehr Mitbestimmung der Künstler im akademischen Betrieb ausgesprochen. Dabei war er wohl zu weit gegangen, er wurde „zwangspensioniert“.  Daraufhin zog sich Waldmüller nach Hinterbrühl bei Mödling zurück und wandte sich wieder verstärkt Genrebildern zu. Bildthemen des häuslichen Glücks und der Mutterliebe bildeten nun einen deutlichen Schwerpunkt seines Schaffens. In diesen überaus positiven Werken ist von seinen Schwierigkeiten nichts zu erahnen. 1864, ein Jahr vor seinem Tode, wurde er schließlich von Kaiser Franz Joseph I. rehabilitiert.

 

Katharina Nordhofen ist Kunsthistorikerin in der Abteilung Gemälde des 19. Jahrhunderts im Dorotheum.

AUKTION

Gemälde des 19. Jahrhunderts
24. Oktober 2018, 17 Uhr
Palais Dorotheum Wien

 

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