Mit „Die Gefangennahme Christi“ von Giuseppe Vermiglio gelangt ein virtuoses Gemälde des besten piemontesischen Künstlers seiner Zeit zur Auktion: am 10. November im Dorotheum.
Virtuose Neuinterpretation
Judas verrät Jesus durch einen Kuss, damit ihn die Soldaten des Pilatus erkennen und festnehmen können: Dieses Thema aus der Passionsgeschichte wurde, unter dem Einfluss Caravaggios von den Malern im Rom des frühen 17. Jahrhunderts, häufig dargestellt. Der Künstler der vorliegenden Gefangennahme Christi, Giuseppe Vermiglio, verbrachte viele Jahre in Rom, vom Anfang des 17. Jahrhunderts bis zum Beginn der dritten Dekade: Hier entwickelte er seine, vom damals vorherrschenden Realismus erfüllte, Bildsprache.
Auch nach seiner Rückkehr nach Norditalien, wo er vor allem im Piemont und in der Lombardei tätig war, griff Vermiglio häufig auf die von Caravaggio behandelten Bildthemen zurück, was auch für dieses Gemälde gilt. Zweifellos kannte der Künstler Caravaggios Gefangennahme Christi aus dem Haus von Caravaggios Auftraggebern, der Familie Mattei. Heute wird das Bild in der National Gallery of Ireland in Dublin aufbewahrt.
Auf Vermiglios Gemälde sind Bezugnahmen auf das Werk Caravaggios vor allem in der Haltung Christi und in der Position des Mannes rechts mit der Laterne, der in beiden Gemälden in identischer Form erscheint, zu erkennen. Die Züge dieser Figur auf dem Dubliner Bild wurden als Selbstporträt des Künstlers identifiziert, sodass es naheliegt, dass es sich auch hier um ein Porträt Caravaggios handelt, intendiert als Tribut an den lombardischen Meister.
Es bestehen auch große Gemeinsamkeiten zwischen dem vorliegenden Gemälde und der Gefangennahme Christi von Bartolomeo Manfredi, die 2004 wiederentdeckt wurde und heute in der National Gallery of Western Art in Tokio aufbewahrt wird. Die leuchtenden Farben der Gewänder der Protagonisten scheinen auf die Kenntnis spanischer Kunst, insbesondere der Malerei El Grecos, zu verweisen. Der flüssig-pastose Farbauftrag rückt das Bild in die Nähe der damaligen Experimente des römischen Malers Orazio Borgianni (1574–1616).
Technische Untersuchungen belegen die künstlerische Virtuosität des Werks und die beeindruckende Freiheit, mit der es gemalt ist, insbesondere bei der Darstellung der Gewänder. Alle Details weisen darauf hin, dass es sich hier um eine Neuinterpretation einer auf Caravaggio zurückgehenden Komposition handelt.
Über Vermiglios Biografie ist wenig bekannt, geboren ist er wahrscheinlich im Piemont. Während seiner Zeit in Rom war er in gewalttätige Auseinandersetzungen unter Künstlern verwickelt und auch als Kunsthändler tätig. Um 1620 kehrte er nach Norditalien zurück und war in Novara, Mantua und Mailand als Maler tätig. Er gilt als bester piemontesischer Künstler seiner Zeit.
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