Ein Besuch im Weinhimmel
2024 wird für ein Weinsammler ein spannendes Jahr, der Fine-Wine-Markt übt sich der wirtschaftlich angespannten Situation zum Trotz in vorsichtigem Optimismus. In solchen Phasen stehen Konstanz und Zuverlässigkeit eines Herkunftsgebietes im Vordergrund, wovon beispielsweise Bordeaux und die Toskana profitieren werden. Und wie positioniert sich das Burgund in diesem Umfeld?
Die Investition in Burgunder erfordert neben halbwegs fundiertem Fachwissen auch das nötige Kapital, denn die Weine der besten Erzeuger dort sind rar und teuer. Dem liegt ein wesentlicher Unterschied zu Bordeaux zu Grunde. Während im Burgund ein Produzent oft nur die Trauben weniger Rebstöcke in einem spezifischen Grand Cru zu ein paar Tausend Flaschen verarbeitet, werden im Bordeaux viele Tausende 12er-Kisten der Premier Grands Cru Classés erzeugt. So bringt ein Betrieb im Burgund je nach Dimension eine größere Zahl von Gebietsweinen – von solchen der Ortsappellation bis zu jenen der diversen Einzellagen – hervor, während an der Gironde in Bordeaux ein Angebot, bestehend aus einem Hauptwein und einem Zweitwein, die Regel ist. Beispielsweise besitzt die Domaine Armand Rousseau rund 14 Hektar, dazu noch etwas in Pacht, und erzeugt zwei Village-Weine, drei Premiers Crus und sechs Grands Crus. Château Mouton-Rothschild verfügt hingegen über 90 Hektar und bringt bis zu 30.000 Kisten per anno auf den Markt.
Betrachtet man den führenden Leitindex für getätigte Verkäufe, den Liv-ex Burgundy 150, so stieg dieser von Jänner 2021 bis Ende 2022 stetig von 100 auf über 160 Indexpunkte an, seit dem Frühjahr 2023 ist der Kurs etwas zurückgegangen, Ende 2023 lag er um 137 Punkte, was immer noch ein sehr guter Wert ist. Mit der alljährlich vor Weihnachten stattfindenden Auktion zugunsten des Hospice de Beaune deutete sich eine Trendumkehr an, denn der nun auf den Markt kommende Jahrgang 2022 wird von den Experten sehr positiv eingeschätzt. Neben guter Qualität steht 2022 auch für die üppigste Weinmenge seit 23 Jahren – manche Winzer haben doppelt so viel wie im Jahr davor abfüllen können. Man erwartet für die jungen Produkte keinen Rückgang der Preise, wenngleich ein ähnlich starker Anstieg wie in den vergangenen Jahren wohl nicht stattfinden wird. Die bessere Verfügbarkeit der Jungweine und die positive Resonanz könnten gut geeignet sein, dem Markt wieder eine neue Dynamik zu verleihen.
Neben den großen Klassikern unter den Produzenten bringen Newcomer neuen Schwung und teilweise großartige Weine zu sehr vernünftigen Preisen auf den Markt. Allerdings sind auch in diesem Marktsegment die Weine von einer Handvoll Winzern wie Arnaud Ente oder Lamy-Caillat so rar und auf dem Sekundärmarkt so gefragt, dass man sie nur in ausgewählten Restaurants auf der Karte findet.
Fazit: Beim Einkauf von Burgundern, die in Weiß wie Rot zu den faszinierendsten Weinen der Welt gehören, sollte man den Anlagewert im Auge behalten, dabei aber nicht vergessen, dass diese in erster Linie Konsumgüter sind. Nur wer einmal ein Glas Romanée-Conti getrunken hat, weiß, wie es im „Weinhimmel“ duftet und schmeckt. Aber dazu muss man die Flasche erst einmal öffnen … Menschen, die dieses Erlebnis mit ihnen teilen möchten, finden sich gewiss.
AUKTION
Die große Frühjahrs-Weinauktion powered by Falstaff, 26. April 2024, 13 Uhr
Palais Dorotheum, Dorotheergasse 17, 1010 Vienna
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