Markus Pernhart, Alfons Walde, Maria Lassnig, Herbert Brandl: Kunstschaffende aus Österreich, die sich auf unterschiedliche Weise mit dem Thema Berglandschaft beschäftigen. In lichten Höhen liegen auch die Preise für ihre Arbeiten … ein Streifzug durch die heimische Gebirgsmalerei.
Land der Berge: Österreich und die Berge gehören zusammen wie das Kaisersemmerl und die Melange. Schon immer waren die schneebedeckten Gipfel gleichzeitig Sehnsuchtsort und bedrohliches Wagnis, ehrfurchtsgebietend wie verlockend, Symbole des Göttlich-Erhabenen und Objekte der Naturforschung. In den kolossalen Gesteinsformationen der Alpen hat die Natur dem Menschen eine Grenze gesetzt. Deren Überwindung ist auch dem Bildthema Alpen immanent, sowohl im wörtlichen Sinne – die Überschreitung der Alpen durch den karthagischen Feldherrn Hannibal war beispielsweise ein beliebtes Bildsujet bis zu William Turner – als auch im übertragenen. Denn welches Motiv ist besser geeignet, das Transzendente abzubilden, als der Berg, der Himmel und Erde verbindet?
Im Folgenden ein Überblick über verschiedene Positionen österreichischer Künstler seit dem 19. Jahrhundert: Wie gehen sie mit „ihren“ Alpen um?
Markus Pernhart – der Malerforscher
Nachdem Gebirge und Landschaften in der Kunstgeschichte des 15. bis 18. Jahrhunderts vom Hintergrund ins Zentrum gerückt und im 18. Jahrhundert zur Projektionsfläche philosophischer Konzepte in Zusammenhang mit Kants und Schillers Begriff des Naturerhabenen geworden sind, gelten sie ab Mitte des 19. Jahrhunderts als wichtige Versatzstücke für die Narration nationaler Identität. Vor diesem Hintergrund ist auch die beeindruckende Darstellung des Großglockners – des mit 3.798 Metern höchsten Berges Österreichs – von Markus Pernhart zu sehen. Der Kärntner Landschaftsmaler Markus Pernhart ist für seine zahlreichen Darstellungen des Bundeslandes bekannt. Selbst Kaiserin Elisabeth nimmt 31 seiner Zeichnungen von Kärntner Sehenswürdigkeiten sowie eines seiner Gemälde des Großglockners in ihre Sammlung auf. Pernhart verbringt oft Stunden und Tage in unwirtlichem Gelände, um topografisch korrekte Abbildungen anzufertigen. Damit er die in großen Höhen eiskalten Farben auch mischen kann, hat er einen kleinen Ofen mit auf dem Berg. Zu seinen beeindruckendsten Gemälden gehören zweifellos die Darstellungen des Großglockners, den Pernhart etwa zehn Mal besteigt. Die Unermesslichkeit der unberührten Natur steht klar im Zentrum des Gemäldes; die winzigen, auf dem Weg zum Gipfel abgebildeten Alpinisten machen einerseits die Größe dieser atemberaubenden Bergkulisse offenkundig und vermitteln andererseits Gefühle von Kameradschaft und Ekstase.
Alfons Walde – Chronist der Moderne
Nachdem vereinzelt Eroberer und alpinistische Seilschaften auf die höchsten Gipfel vorgedrungen sind, bahnt sich um die Jahrhundertwende eine neue Entwicklung an: die Entdeckung der Alpen für den Wintersport der – zunächst noch nicht ganz breiten – Masse.
Von dieser Epoche des alpinen Lebens zeugen die kompositorisch ausgereiften Darstellungen von Berg- und Winterlandschaften des Tiroler Malers Alfons Walde. Eine der Wiegen des Skisports in Österreich ist Kitzbühel, wie Gert Amman in „Wintersport“ (Katalog Leopold Museum) schreibt. Ab 1897 entwickelt es sich zum Ort erster Klasse für den Wintersport, einen Trend, den Alfons Walde von seinen Jugendjahren an miterlebt. Ab den 1910er-Jahren schafft er Bilder, die sich mit dem Thema beschäftigen. Die Lebensfreude, die damit einhergeht, die Harmonie von Mensch und Natur stehen dabei im Mittelpunkt. Kein Wunder, dass Walde mit diesen Darstellungen das Bild von Tirol nachhaltig prägt. Einige seiner Motive wie „Der Aufstieg“ von 1927 finden auch als „Tyrol“-Plakate für die Fremdenverkehrswerbung Verwendung.
In den 1930er-Jahren gelangen seine Ansichten von tief verschneiten Winterlandschaften zur Perfektion. Typisch für Walde sind die kompositorische Ausgewogenheit von Naturraum und architektonischen Elementen bzw. von Mensch und Natur, der pastose Farbauftrag sowie die meisterhafte Modellierung von Licht und Schatten auf Schneeflächen.
Maria Lassnig – Antropomorphe Landschaft
Auch Maria Lassnig stammt aus den alpinen Gefilden des Landes und hält diesen bis ins hohe Alter die Treue. Die Sommermonate sowie die Zeit um Weihnachten verbringt sie stets in der Nähe von Feistritz in Kärnten. Sie ist keine Landschaftsmalerin im eigentlichen Sinne, Ausgangspunkt für ihre Malerei ist immer der eigene Körper. Dabei bleibt es aber nicht: „Ich fange immer mit der Körpererfahrung an, aber dann kommen Weltprobleme hinein, die mich gerade beschäftigen: etwa wie die Natur von den Menschen malträtiert und dezimiert wird. … Auch mit den Blumen ist es so, die Landschaft sieht aus wie mit dem Staubsauger gesaugt. Die Forstwege sind wie Wunden im Wald.“ (Maria Lassnig im „Standard“-Interview mit Andrea Schurian, 1. Juni 2013)
Lassnigs Beziehung zu den Bergen ist vielerlei: Sie sind ihr zunächst Herkunfts- und Rückzugsort, vor allem aber auch Berührungspunkt mit der Natur. Deren Schutz und Erhaltung ist ihr ein Anliegen, wovon Gemälde wie „Das Rehlein“ von 1986, dem Jahr des Reaktorunfalls von Tschernobyl, zeugen. Im Thema der Natur manifestieren sich existenzielle und mythologische Stoffe: wie in der Selbstdarstellung als Sensenmann vor Bergkulisse („Senner auf der Alm / Sensenmann“, 1985), in den Gemälden „Atlas“ von 1985 oder im Aquarell „Alpenkaryatide“ von 1982, auf dessen Malgrund die Künstlerin atlasgleich das Gebirge schultert. Der überwiegende Teil von Lassnigs Werken sind Selbstdarstellungen, die sich allerdings nie in der Darstellung ihres Selbst erschöpfen und oft als Körperlandschaften beschrieben werden. Dass auch ihre Landschaften sich nicht damit begnügen, Landschaften zu sein, legt der vormalige Titel „Anthropomorphe Landschaft“ eines frühen Gemäldes von 1955 nahe.
Herbert Brandl – der Bergseher
Herbert Brandl, der wohl prominenteste zeitgenössische Bergmaler, geht neue Wege in der Bergmalerei des Alpenlandes: weg vom Kitsch und Romantizismus des 19. Jahrhunderts, weg von der Inbeschlagnahme durch die Zivilisation, weg vom Bild des Berges als Berg und hin zum Bild des Berges als Bild: „Ich wische den Tourismus von den Bergen. Ich habe die Berge der Kunst zurückgegeben.“ (Herbert Brandl im „Standard“-Interview mit Andrea Schurian, 20. Oktober 2010)
Seit der Jahrtausendwende beschäftigt sich der Maler vorrangig mit der Darstellung von Bergen und Landschaften beziehungsweise ist, wie er selbst sagt, in die „gebirgige Phase“ seines Schaffens eingetreten. Er verwendet Vorlagen aus Magazinen und Katalogen oder lässt den Anblick der Felsformationen bei Wanderungen auf sich wirken und wartet, bis sie – oft Jahre später – wieder in die Außenwelt drängen. Er versteht sich selbst nicht als Berggeher, sondern als Bergseher. Und als Maler. Die Berge liefern ihm dabei nur das Gerüst, um die Farbe auf die Leinwand zu bannen. Das Ergebnis sind Bilder, die zwischen Figuration und Abstraktion oszillieren, in auf- und abgetragenen Farbschichten, Pinselstrukturen und Materialeigenschaften sowohl Darstellung als auch Dargestelltes thematisieren, die eine starke emotionale Wirkung entfalten, zugleich aber eine ausgesprochen analytische Dimension beinhalten.