Biennale 2024: Joelle Romba zu ihrer Lieblingsausstellung

Die Biennale in Venedig findet heuer zum 60. Mal statt, mehr als 300 Künstler:innen aus 88 Ländern sind dabei.

Stranieri Ovunque – Foreigners everywhere ist das Motto der diesjährigen Kunst-Biennale, die noch bis zum 24. November 2024 läuft. Die älteste internationale Ausstellung zeitgenössischer Kunst präsentiert das internationale Kunstgeschehen, in den Giardini, im Arsenal und vielen anderen Ausstellungsorten. In diesem Jahr werden vor allem marginalisierte Gruppen geehrt, Künstlerinnen und Künstler haben sich u. a. dem Thema Kolonialisierung angenommen. Benin, Osttimor, Äthiopien und Tansania sind in diesem Jahr zum ersten Mal vertreten.

Der Österreich-Pavillon wird in diesem Jahr von Anna Jermolaewa bespielt. In ihrem VideoRehearsal for Swan Lake, das in Zusammenarbeit mit der ukrainischen Choreografin Oksana Serheieva entstand, bezieht sich auf eine Jugenderinnerung, als im sowjetischen Fernsehen in Zeiten politischer Unruhen tagelang Tschaikowskis Schwanensee lief. Jermolaewa und Serhejeva verwandeln das Ballett von einem Instrument der Zensur und Ablenkung in einen politischen Protest: die Tänzer proben für einen Regimewechsel in Russland.

 

 

Wir haben unsere Berliner Expertin für moderne und zeitgenössische Kunst Joëlle Romba zu ihrer Lieblingsausstellung in Venedig befragt:

Zeitgleich zur Eröffnung der 60. Biennale in Venedig organisierten die beiden Kuratoren Mario Codagnato und Gary Garrels die beeindruckende Ausstellung Willem de Kooning L‘Italia in der Gallerie Dell‘ Accademia. Mit etwa 75 Arbeiten dokumentiert die Ausstellung de Koonings Italienaufenthalte in den Jahren 1959 und 1969 und zeigt zum ersten Mal seine Italien-Begeisterung und deren Einfluss auf sein nachfolgendes Oeuvre. Bereits 1950 und 1954 war de Kooning mit einigen Arbeiten auf der Biennale in Venedig vertreten. Erst nach seiner ersten, erfolgreichen Ausstellung in der Galerie Sidney Janis 1959 konnte de Kooning selbst nach Italien reisen und verbrachte gleich mehrere Monate in Rom. Sein Malstil wurde freier und wilder, in den Titeln seiner Werke erinnert er an Italien beispielsweise mit dem Titelbild des Ausstellungskatalogs Villa Borghese. Roms Reichtum an Skulpturen sowie die Bronze-Gießerei eines Freundes in Trastevere ermuntern de Kooning nach seinem zweiten Romaufenthalt 1969 ein bildhauerisches Werk zu schaffen.

Die aktuelle Ausstellung würdigt diesen spät entstandenen Teil seines Oeuvres mit zahlreichen Bronzen. Anders als die römischen Skulpturen kommt bei de Koonings Bronzen seine Arbeitsweise zum Vorschein: keine reine, glatte Oberfläche, sondern sichtbare Fingerabdrücke ergeben die Kontur seiner Figur. Diese Ausstellung läuft noch bis zum 15. September. Die kunsthistorisch spannende Schau ist aufgrund der vielen kostbaren Leihgaben eine kuratorische Meisterleistung und für Liebhaber der Modernen Malerei und Skulptur ein Genuss.

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