Auböck im MAK und im Dorotheum
Die Werkstätte Carl Auböck zählt seit fünf Generationen zu den prägenden Kräften des österreichischen Kunst- und Möbeldesigns. Mit unverkennbaren Modellen, die Funktionalität, Innovation und traditionelle Handwerkskunst vereinen, hat sie einen unverwechselbaren Stil geschaffen. Dieser wegweisenden Werkstätte widmet das Wiener Museum für angewandte Kunst (MAK) mit der Ausstellung ICONIC AUBÖCK, die vom Dorotheum unterstützt wird und noch bis zum 6. Jänner 2025 läuft. Zentral ist die die stilprägende Ära der Zwischen- und Nachkriegszeit bis in die experimentellen 1980er Jahre. Erstmals wird auch das Werk der Bildhauerin und Textilkünstlerin Mara Uckunowa vorgestellt, die mit Carl Auböck am Bauhaus in Weimar zusammentraf und seine Ehefrau wurde.
Parallel dazu kommen am 19. September 2024 im Dorotheum etwa 200 Objekte der Werkstätte unter dem Titel Die Werkstätte Carl Auböck. Österreichisches Kunsthandwerk im Fokus zur Versteigerung – darunter Sammlerstücke wie die berühmten Baumtische, Lampen und Wohnaccessoires.
Bärbel Vischer, Kustodin der MAK-Sammlung Gegenwartskunst, ist seit 2007 Kuratorin des MAK. Im Interview mit dem Dorotheum spricht sie über die Ausstellung – insbesondere die Relevanz und Entwicklung der Werkstätte Carl Auböck werden beleuchtet.
DOROTHEUM: Was verleiht dem Design der Werkstätte Auböck – vor allem der Zwischen- und Nachkriegszeit – die prägende Kraft, eine ganze Generation des österreichischen Designs zu beeinflussen und zu inspirieren? Welche Elemente und Charakteristika machen Auböcks Designs so „iconic“?
Bärbel Vischer: In seinen Entwürfen verknüpfte der Designer Carl Auböck II (1900–1957) einen sehr persönlichen, künstlerischen Zugang mit Strömungen aus Wien und internationalen Bewegungen der Kunst und des Designs. Viele seiner Werke wirken skulptural und zeichnen sich durch einen besondere Materialsprache aus. Gleichzeitig spielte er mit surrealistischen Verweisen und Motiven – das Magische, das Marginale, das Spiel mit Symbolen und dem Fetisch sowie die Affinität zur Technik.
DOROTHEUM: Wie haben sich die Designs und die Ausrichtung der Werkstätte über die Generationen hinweg entwickelt und verändert?
Bärbel Vischer: Die Ausstellung thematisiert die Wohnkultur als Experimentierfeld mit Produktionen der Zwischen- und Nachkriegszeit bis zu den 1980er Jahren und zeigt dabei Arbeiten der Werkstätte von drei Generationen, woraus sich, analog zum Archiv in der Bernardgasse, eine eklektische Sammlung ergibt.
Jeder der Designer*innen hat seine eigene künstlerische Sprache entwickelt, dennoch sind viele Gemeinsamkeiten erkennbar.
DOROTHEUM: Wie hat Carl Auböck seine Ausbildung und Erfahrungen am Bauhaus in sein Design eingebracht? Gibt es spezifische Exponate in der Ausstellung, die diesen Einfluss besonders deutlich zeigen und gibt es besondere Exponate in der Ausstellung, die eine herausragende Provenienz oder Hintergrundgeschichte (auch in Bezug auf das Konzept des objet trouvé) haben?
Bärbel Vischer: Auböcks Objekte zeichnen sich durch minimalistische, abstrakte, organische oder technoide Kombinationen von Materialien, Formen und Oberflächen aus. Die Methode Carl Auböcks II, Objekte aus ihrem Kontext herauszulösen und diesen Objekten neue Funktionen zuzuschreiben – wie eine Billardkugel aus Elfenbein in einem Schreibtischset oder die verschiedenen Formen von Baumsegmenten für seine Baumtische – sowie neue Materialkombinationen zu finden, sind ein Topos der Moderne.
Bereits in Wien war Johannes Itten (1888–1967) sein Mentor. Eine Pinselzeichnung mit schwarzem Tee, die 1919 in Ittens Unterricht in Wien als Teil einer Serie entstanden ist, zeigt bereits Auböcks Auseinandersetzung mit der Linie und der Bewegung als Form. Am Bauhaus in Weimar traf er auch Walter Gropius (1883–1969), Paul Klee (1879–1940) oder Oskar Schlemmer (1888–1943). Eine Maske (1931) von Auböck verweist auf Schlemmers Masken für Kunstfiguren wie die Maske zur Figurine Kugelhände (1922) für das Triadische Ballett.
DOROTHEUM: Die Ausstellung beleuchtet die Materialität der Auböck-Erzeugnisse. Welche Rolle spielen die verschiedenen Materialien wie Messing, Holz, Horn, Leder und Naturfasern in der Gestaltung der Auböck-Objekte?
Bärbel Vischer: Auböck ließ sich von den formalen Materialeigenschaften und der Ästhetik der Formen und Oberflächen der Materialien inspirieren. Die Ressourcen der Materialien waren nicht nur auf Europa beschränkt, sondern sind auch mit der europäischen Kolonialgeschichte verknüpft oder verweisen auch auf die Materialknappheit durch den Zweiten Weltkrieg.
DOROTHEUM: Viele Auböck-Objekte zeichnen sich durch humorvolle Gesten und überraschende Motive aus. Wie balancieren diese Designs den Aspekt des Humors mit der praktischen Funktionalität?
Bärbel Vischer: Diese Objekte verstehen sich als Conversation Pieces, als Konversationsstücke, die das Absurde und das Funktionale auf brillante Weise verbinden. Diese Tradition findet sich im Surrealismus oder auch im Barock. Auböcks Werke sollen einen oder mehrere Betrachter*innen oder Teilnehmer*innen zum (inneren) Gespräch einladen.
DOROTHEUM: Die Ausstellung nähert sich den Exponaten durch die Linse des Surrealismus. Was ist damit gemeint, weshalb wurde die surrealistische Perspektive gewählt?
Bärbel Vischer: Auböck II nahm das Alltagsobjekt oder den Naturgegenstand in sein Formenrepertoire auf und setzte damit eine surrealistische Transformation in den Gang. In seinen hybriden Objekten zeigt sich ein Aufeinandertreffen verschiedener Bedeutungsebenen oder Funktionen, die auf den ersten Blick oftmals nicht entschlüsselt werden können. Skulpturale Objekte wie die Hand, das Ei, die Uhr oder der Stein in Leder vermögen es, ihre eigentliche Funktionalität zu verstecken und hinsichtlich ihrer Form und ihrer Verwendung zu überraschen.
DOROTHEUM: Mara Uckunowas Oeuvre wird im MAK zum ersten Mal präsentiert. Was hebt ihr Werk besonders hervor und wie hat sie die Designs der Auböck-Werkstätte beeinflusst?
Mara Uckunowas (1895–1987) lernte Carl Auböck II am Bauhaus in Weimar kennen und heiratete ihn später. Ihre künstlerische Entwicklung wurde durch Johannes Itten, Georg Muche (1895–1987) und Josef Albers (1888–1976) geprägt. Zuvor hatte sie an der Kunstgewerbeschule in München studiert, wo die Textildesignerin Gunta Stölzl (1897–1983) zu ihren Studienkolleg*innen zählte. Ihre gewebten Textilentwürfen aus den 1930er und 1940er Jahren zeichnen sich durch ihre Textur, Farbgebung und Abstraktion aus. Eine gewebte Stoffbespannung für einen Zeitungs- und Magazinständer (1938), den wir in der Ausstellung zeigen, gilt als eine der wenigen erhalten Gemeinschaftsarbeiten des Ehepaares.
AUKTION
Die Werkstätte Carl Auböck – Österreichisches Kunsthandwerk im Fokus
Online Auktion
19. September 2024, 14 Uhr
Besichtigung
13.09. – 19.09.2024
Palais Dorotheum, Dorotheergasse 17, 1010 Wien
Dr. Magda Pfabigan, M.A.
Tel. +43-1-515 60-383