Farben & Magie

Drei prachtvolle afrikanische Masken aus der Sammlung Carlo Monzino, der zeitgenössische Arbeiten mit der gleichen Begeisterung sammelte wie afrikanische Kunst, kommen im Juni zur Versteigerung. Sie zeugen von der Vielfalt der Behandlungstechniken in der afrikanischen Kunst.

Ihr Zauber liegt in der Oberfläche

Malerei und afrikanische Skulptur haben eine Gemeinsamkeit: Ihr Zauber liegt in der Oberfläche. Die Malerei bietet verschiedene Möglichkeiten, die Oberflächenstruktur zu gestalten. Licht lässt sich zum Beispiel mithilfe der Sfumato-Technik „verraucht“, wie durch einen Schleier, einfangen oder mittels Impasto wiedergeben, also durch „teigig“ aufgetragene Farbe. Die Kraft eines Bildes speist sich daraus, dass es einen fiktiven, dreidimensionalen Raum auf eine zwei dimensionale Ebene zu bannen vermag, selbst als Abstraktion. Die afrikanische Bildhauerkunst geht noch einen Schritt weiter: Indem sie der Skulptur Leben und magische Kräfte einhaucht, wird deren Oberfläche gleichsam zu lebendiger Haut.

Bedeutungsvolle Farbwahl

Skulpturen aus dem nigerianisch-kongolesischen Raum sind oft weiß, rot und schwarz bemalt, wobei jede dieser Farben für einen Aspekt des lokalen Glaubenssystems steht.

Weiß

Weiße Farbe wird aus Kalkablagerungen, Tonerde oder zermahlenen Muschelschalen hergestellt und kommt meist bei Masken zur Anwendung. Nach jedem Zeremoniell werden die Kultgegenstände gereinigt und neu bemalt. Oft mischt man ein Pigment mit winzigen Glimmerpartikeln bei, damit das Licht stärker reflektiert wird. Weiß steht für den Tod, für die Blässe eines kranken Menschen, aber auch für den Nebel, die Meeresgischt, für Wolken, die am Himmel zerstieben. Kongolesische Idimu-Masken symbolisieren hohen gesellschaftlichen Rang und die Kraft der Ahnen.

Rot

Rot wird aus Ocker und überwiegend aus der Rinde des Korallenbaums gewonnen. Bearbeitet und getrocknet, entsteht eine dicke Paste, die als Kosmetik Anwendung findet oder auf Figuren aufgetragen wird. Rot steht für Stärke, Blut und Feuer.

Schwarz

Schwarze Farbe besteht häufig aus Kohle, die mit Blut versetzt wird, um zu haften und den magischen Objekten sprichwörtlich Leben einzuhauchen. Auch die große Toma-Maske erfuhr durch die Behandlung des Holzes magische Aufladung. In Europa wurden solche Masken gerne „geschwärzt“, um eine glänzende Oberfläche im Art-déco-Stil zu erhalten. Eine andere Maske aus der Sammlung Carlo Monzino, die im vergangenen Jahr bei Christies versteigert wurde, weist eine solche glänzende gewachste Oberfläche auf.

Blau

Unsere einzigartige Körpermaske stammt ursprünglich außerdem aus der berühmten Sammlung des Aga Khan. Überaus selten kommt bei afrikanischen Skulpturen die Farbe Blau vor. In den wohlhabenden nigerianischen Königreichen des 19. Jahrhunderts war das intensive blaue Pigment sehr begehrtund diente bisweilen sogar als Zahlungsmittel. Nur die kostbarsten Objekte wurden mit dieser seltenen,teuren Farbe überzogen. Blau galt jahrhundertelang auch in Europa als königliche Farbe; das rare blauePigment kam nur bei den kostbarsten Gemälden zur Anwendung. Die Körpermaske, die hier zur Versteigerung gelangt, verfügt über mehrere Pigmentschichten. Sie war von so großer historischer Bedeutung, dass sie trotz Insekten- und Witterungsschäden immer wieder mit edlem Blau überzogen wurde.

Bei allen drei Masken liegt die Pracht in der Oberfläche. In der dünnen Schicht, mit der die Holzskulpturen überzogen sind, um sie vor den Elementen zu schützen und ihre hohe kulturelle Bedeutung sowie ihre Rolle als Mittler in eine andere Dimension zu betonen, offenbaren sich Welten.

Jan Joris Visser ist Experte für Stammeskunst im Dorotheum.

Auktion

Stammeskunst 21. Juni 2018, 16 Uhr

Besichtigung: 16. – 21. Juni 2018

Palais Dorotheum
Dorotheergasse 17
1010 Wien

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