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Die einzigartige Sammlung des Botanikers Ernst Moriz Kronfeld enthält bedeutende Zeugnisse früher österreichischer Expeditions- und Forschungsgeschichte. 177 Bilder daraus werden am 18. Mai 2015 im Dorotheum versteigert.
Teile der Sammlung des Ernst Moriz Kronfeld sind Bilder aus der frühen Expeditionsgeschichte Österreichs, beispielsweise von der Reise des Botanikers Nikolaus Joseph von Jacquin nach Südamerika und in die Karibik (1754 – 1759) sowie von den „Gärtnerreisen“, die Franz Boos und Georg Scholl Ende des 18. Jahrhunderts nach Amerika, Südafrika und zu den Maskarenen unternahmen.
Die erste wissenschaftliche und gleichzeitig wichtigste vom Kaiserhaus finanzierte Expedition des 18. Jahrhunderts, jene von Jacquin, ließen Franz I. Stephan und Maria Theresia 1754 ausstatten, um die erst kurz davor angekaufte Naturaliensammlung – sie bildet den Grundstock des heutigen Naturhistorischen Museums –, den Garten und die neu gegründete Menagerie in Schönbrunn zu vergrößern. Nikolaus Joseph von Jacquin (1727 – 1817), in Leiden gebürtiger späterer Professor für Botanik und Chemie an der Universität Wien, reiste 1754 bis 1759 gemeinsam mit dem Gärtner Ryk van der Schot (1733 – 1790) sowie zwei Präparatoren und Tierfängern in die Karibik, an die Küsten von Nordvenezuela und Kolumbien. In den Jahren 1755 bis 1757 besuchten die Reisenden zahlreiche Inseln der Kleinen Antillen. Anschließend wandten sie sich den Großen Antillen zu, im Jänner 1758 trafen sie auf Jamaica ein. Dort wurden sie von Freibeutern bedroht. Einmal wurde Jacquin sogar von Piraten gefangen genommen und auf eine kleine Insel vor Haiti verschleppt. Trotzdem setzten die Forscher ihre Reise Richtung südamerikanisches Festland fort. Als das gesammelte Herbar von Termiten gefressen wurde, begannen Jacquin und van der Schot die Pflanzen mit Zeichenstift und Pinsel zu dokumentieren. [Lot 54 und Lot 41]
Jacquin trat durch eine große Zahl von meist prachtvoll ausgestatteten botanischen Werken hervor, die insgesamt 36 Bände mit 3.000 kolorierten Kupfertafeln umfassen. Er beschäftigte eine Reihe von Malern, die er anleitete, die Natur ohne künstlerisches Beiwerk zu dokumentieren. [Lot 48]
Die vielen zu Ende des 18. Jahrhunderts angefertigten Tuschzeichnungen, die auf von Gärtnern mitgebrachten Pflanzen (Mesembryanthemum, Erica etc.) basieren, zeigen das Interesse Jacquins an der südamerikanischen Flora. Zuletzt beschäftigte sich der greise Botaniker mit Stapelien, einer sukkulenten Pflanzengattung, die zur Unterfamilie der Seidengewächse gehört. [Lot 45]
Unter Josef II. wurden Ende des 18. Jahrhunderts drei Expeditionen nach Nord-, Mittel- und Süd amerika sowie nach Südafrika und zu den Maskarenen ausgerüstet. Deren Erfolg war Gärtnern zu verdanken. Unter den Teilnehmern dieser Reisen zeichnete sich besonders der Gärtnergeselle Franz Boos (1753 – 1832) aus, der später zum Leiter der k.k. Hofgärten avancieren sollte. Um während der Expedition Vergleichsmöglichkeiten zu haben, kopierte Boos mehrere Tafeln aus dem zwischen 1731 und 1743 erschienenen Werk „Natural History of Carolina, Florida and the Bahama Islands“ von´Mark Catesby, einer der ersten Veröffentlichungen zur Flora und Fauna Nordamerikas. [Lot 22]
Prof. Mag. Christa Riedl-Dorn ist Direktorin der Abteilung Archiv für Wissenschaftsgeschichte am Naturhistorischen Museum in Wien, Wissenschaftshistorikerin sowie Autorin und Kuratorin einschlägiger Publikationen, Dokumentationen und Ausstellungen im In- und Ausland.
(Dieser Artikel erschien im myART MAGAZINE Nr. 05/2015)
Die Sammlung Dr. Ernst Moriz Kronfeld
Auktion am 18. Mai 2015, 14 Uhr
Palais Dorotheum Wien