
In Olaf Lemkes illustrem Berliner Geschäftslokal geben einander internationale Kunstsammler und Fachleute die Klinke in die Hand. Sie vertrauen seiner Expertise und seinem Gespür, wenn sie perfekte historische Rahmen für Gemälde suchen.
Fotos: Klara Johanna Michel
Ob Ebenholz-Barockrahmen mit Silberbeschlägen, vergoldeter Rokoko-Rahmen, bemalter oder mit Sgraffito versehener Renaissance-Rahmen: Dies alles und viel mehr ziert die Wände und Lager von Olaf Lemke. Der Berliner gilt als einer der weltweit führenden Rahmenhändler. Renommierte Sammler, Galeristen und Fachleute aus dem Kunstbereich, etwa der legendäre Heinz Berggruen oder das Ehepaar Ulla und Heiner Pietzsch, und Museen wie die Londoner National Gallery oder das Rijksmuseum Amsterdam vertrau(t)en ihm. „Antike Rahmen“ heißt sein Geschäft in Berlin-Schöneberg, das seit mehr als sechs Jahrzehnten Rahmen des 15. bis frühen 19. Jahrhunderts aus Italien, Spanien, Flandern, Deutschland und den Niederlanden anbietet.
Lemke versteht sein Business durch und durch. Das Handwerk hat er von der Pike auf gelernt. Es habe sich eher zufällig ergeben, erzählt der junggebliebene 89-Jährige im Gespräch mit Dorotheum myART MAGAZINE. Sein Vater, in der NS-Zeit als, wie es Lemke ausdrückt, „Nazi-Bildhauer“ tätig, war nach dem Krieg Antiquitätenhändler. Um die Ecke werkte ein Rahmenmacher, bei dem der 1936 geborene Sohn am Wochenende sein erstes Geld verdiente. 1956 schloss Olaf eine dreijährige Vergolderlehre ab, die er bei den Berliner Firmen Sprengel & Sohn und Wormuth & Sohn absolviert hatte. Über eine Stellenanzeige in der Zeitschrift „Weltkunst“ stieß er auf die Londoner Firma Friedrich Pollak. Als Jude hatte Pollak sein Berliner Geschäftslokal aufgeben und Deutschland verlassen müssen, um in der Folge höchste Rahmen-Kunst in England zu etablieren. Drei Jahre blieb Lemke bei diesem – ihm als Deutschem ohne Ressentiments gegenüberstehenden – internationalen Meister seines Fachs. Zurück in Berlin gründete Olaf Lemke 1961 seine eigene Firma.
Zu Wien hatte Olaf Lemke eine enge Beziehung, die sich Anfang der 1960er-Jahre ergab. Über eine Wiener Firmenmitarbeiterin stieß er auf das Familienunternehmen Stiassny, Seilergasse 1. Auf gut Glück stattete er ihm einen Besuch ab und erstand einen prächtigen Régence-Rahmen mit illustrer Geschichte. Daraus ergab sich „eine enge Freundschaft bis zum Tod“, so Olaf Lemke.

Lemke, der durch Pollak das Potenzial des Sammelns und Restaurierens historischer Rahmen erkannt hatte, wollte vom Kopieren abgehen. Ein Vierteljahrhundert lang reiste er einmal jährlich mit seiner Frau Johanna durch Europa, vor allem durch Spanien. Oft kauften sie Hunderte alte Rahmen auf einmal. „Die Rahmen waren oft schwarz gestrichen, doch darunter kam Palisander oder Ebenholz in voller Pracht heraus. Wir haben viel restauriert. Rahmen wurden über die Jahrhunderte immer recycled.“ Die spanischen Rahmen seien robuster und etwas gröber in ihrer Ornamentik als die italienischen und eigneten sich bestens für Expressives, beschreibt Tochter Tanja Lemke-Mahdavi, die für die Galerie im ersten Stock eine Ausstellung mit beschrifteten Renaissancerahmen kuratiert hat: „Eine Kunst meines Vaters ist, dass der Rahmen fast unsichtbar wirkt, aber das Bild hervorholt. Und er hat immer gerahmt, unabhängig vom Ambiente. Wichtig ist ihm, dass das Bild und der Rahmen eine Einheit bilden.“ Dabei dürfe es aber „nicht zu lieblich, zu gefällig“ sein, meint die Expertin, „es muss schon eine Spannung dabeisein“.
Vor allem Altmeistergemälden und Expressionisten gibt Lemke einen neuen Rahmen. Von Original-Künstlerrahmen lässt er die Hände. Verkleinern oder Zuschneiden ist für den Profi nur eine Notlösung. Eine Beobachtung hat der Rahmenmacher im Lauf seiner langen Karriere gemacht: Je höher die Qualität des Kunstwerks, desto eher wird es bei einem Besitzerwechsel neu gerahmt. Auf Kundenwünsche geht Olaf Lemke ein, aber „ich bestimme mindestens 50 Prozent mit. Das habe ich mir über die Jahre erobert. Dass auch große Sammler und Multimillionäre sagen: ,Ich komme zu Ihnen, Sie haben Geschmack.‘“