Sehen – Schmecken – Tasten
Bereits Aristoteles hat sie beschrieben – die fünf Sinne der menschlichen Wahrnehmung. Für die Kunstgeschichte stellen sie jeher ein beliebtes Sujet dar, das unter anderem von Jan Brueghel, dem Älteren und Pieter Paul Rubens aufgegriffen wurde. Die kommende Auktion Alte Meister im Dorotheum versammelt drei Allegorien der Sinne des flämischen Barockmalers Frans Wouters.
Frans Wouters ging bei Peter van Avont in Antwerpen in die Lehre und wurde 1634 ein Schüler von Rubens. Im selben Jahr schloss er sich der Lukasgilde an, als deren Dekan er später fungierte. Sein Talent verschaffte ihm prestigeträchtige Ämter. Allen voran mag hier seine Ernennung zum Hofmaler von Kaiser Ferdinand II. in Wien anzuführen sein, der ihn 1637 als Botschafter nach England entsandte. Dort traf der Künstler auf seinen Landsmann Anthonis van Dyck und kam in Kontakt mit dem Prinzen von Wales, den künftigen König Karl II., der einer seiner wichtigsten Mäzene wurde. 1648 wurde er vom Statthalter Flanderns Erzherzog Leopold Wilhelm zum Hofmaler ernannt.
Wouters gelang es, die bombastische Manier seines großen Meisters Rubens auf kleinformatige Kompositionen umzulegen, die sich durch einen detailreichen und dekorativen Stil auszeichnen, welcher vor allem in seinen Landschaften und anmutigen mythologischen und allegorischen Darstellungen zum Ausdruck kommt. Wouters war einer der erfolgreichsten Vertreter dieser Art Kabinettmalerei, die dafür bestimmt war, die damals an europäischen Fürstenhöfen so beliebten Wunderkammern zu schmücken und in ikonografischer Hinsicht zu komplettieren. In ihnen versammelte man allerlei Kuriositäten, rare Gegenstände oder aus seltenen Materialien gefertigte Objekte – sowohl Naturalia und Artificialia –, die alle erdenklichen Bereiche des menschlichen Wissens und der Natur umfassten.
Mit dieser allumfassenden Annäherung an die Wirklichkeit war die besondere Vorliebe internationaler Auftraggeber für Kabinettbilder verbunden, die Themen wie die Alchemie, die vier Elemente oder Bildinhalte behandelten, die sich auf unterschiedlichsten Ebenen für die Deutung zahlreicher Bezüge, Anspielungen oder Kunstgriffe wie das spielerisch verschachtelte „Bild im Bild“ anboten. Dazu zählten auch Allegorien der fünf Sinne, die sich im 17. Jahrhundert vor allem in Flandern großer Popularität erfreuten.
Vorbildhaft für Gemälde dieses Themas waren die fünf Tafelbilder der Allegorie der Sinne, die Pieter Paul Rubens und Jan Brueghel d. Ä. 1617 für den spanischen König schufen und die sich heute im Prado befinden. Brueghel führte in diesen Jahren auch eine Gruppe von Künstlern an, die sich vergleichbaren Bildinhalten widmeten: einerseits den Allegorien des Geschmacks, des Gehörs und des Tastsinns und andererseits den Allegorien des Sehens und des Geruchs, die 1618 von der Stadt Antwerpen erworben und Erzherzog Albrecht und seiner Frau Isabella zum Geschenk gemacht wurden. Die beiden letztgenannten Werke fielen im 18. Jahrhundert einem Brand zum Opfer. Vermutlich aufgrund des großen Erfolgs dieses Bildtypus schuf Brueghel in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern Repliken dieser beiden Gruppen von Allegorien. Isabelle de Bourbon nahm diese 1636 mit nach Madrid, wo sie die königliche Residenz schmückten und heute – zusammen mit der Serie der Fünf Sinne – im Prado aufbewahrt werden. Frans Wouters hat all diese Vorbilder mit Sicherheit gekannt und aus ihnen geschöpft, dabei aber wohl auch seine eigenen Bildideen eingebracht.
Für detaillierte Objektinformationen und Zustandsberichte steht Ihnen der Experte Mark MacDonnell gerne zur Verfügung.
Alte Meister Auktion
Dienstag, 19. April 2016, 17 Uhr
Besichtigung seit 9. April 2016
Palais Dorotheum
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