Carry Hauser, Jazzband, 1927
Foto: © EPIC GmbH, Petra Graf, Werknutzung: © Bildrecht, Wien 2022
HAGENBUND
VON DER GEMÄSSIGTEN ZUR RADIKALEN MODERNE
Die vom Dorotheum gesponserte Ausstellung rund um den Künstlerbund Hagen, der im Jahr 1900 – wie drei Jahre zuvor die Wiener Secession – als Reaktion auf den Konservativismus des Künstlerhauses gegründet wurde, ist vom 16. September 2022 bis 6. Februar 2023 im Leopold Museum zu sehen.
HAGENBUND
Die Künstlergruppe etablierte sich spätestens in den 1920er-Jahren als „heute radikalste Gruppe“ (Robert Musil, 1922) innerhalb der Wiener Künstlervereinigungen. Das 1902 erstmals bespielte Ausstellungshaus Zedlitzhalle im 1. Wiener Bezirk diente nicht nur als identitätsstiftender Präsentationsort für die Mitglieder, sondern auch als Halle für innovative Ausstellungskonzepte und internationale Kunstpräsentationen.
Der Hagenbund stand in engem Austausch mit zahlreichen europäischen Künstlervereinigungen, insbesondere mit den benachbarten, zentraleuropäischen Künstlergruppierungen aus Prag (Mánes), Krakau (Sztuka) oder Budapest (UME), aber auch mit deutschen, belgischen, englischen und skandinavischen Vereinigungen. Parallel dazu stellten Formationen der Vereinigung immer wieder auf internationalen Ausstellungen aus, wie 1904 bei der World’s Fair in St. Louis (USA), den Internationalen Kunstausstellungen in München (u.a. 1905) oder der Esposizione internazionale di Belle Arti in Rom (1911).
Plattform für zeitgenössische Kunst
Nach dem Austritt Gustav Klimts aus der Secession 1905 und den darauf folgenden Präsentationen bei der Kunstschau Wien 1908 und 1909, erreichte der Hagenbund in den 1910er-Jahren einen bedeutenden Status als Plattform für junge, zeitgenössische Kunst.
Signifikant dafür ist die legendäre Sonderausstellung Malerei und Plastik 1911 mit Werken von Oskar Kokoschka, Anton Faistauer, Anton Kolig oder etwa Albert Paris Gütersloh, ebenso wie ein Jahr darauf, wiederum mit mehreren der oben genannten Protagonisten des Umfeldes der Neukunstgruppe sowie zahlreichen Werken Egon Schieles. Diese Schau führte ob ihrer Progressivität zur Delogierung des Hagenbundes aus der Zedlitzhalle, wo dieser erst im Jahr 1920 wieder einziehen konnte.
Blütezeit 1920er-Jahre
Insbesondere die 1920er-Jahre gelten als die Blütezeit des Hagenbundes, wo letztendlich der Schritt von einer gemäßigten hin zu einer radikalen Moderne gesetzt wurde. Wenngleich weder ein einheitliches Stilwollen noch ein künstlerisches Manifest seitens des Hagenbundes existierte, so ist doch eine Betonung auf Ausformungen der Neuen Sachlichkeit sowie auf post-expressionistische Tendenzen mit kubistischen Versatzstücken charakteristisch.
Der Hagenbund erlebte in seiner fast vier Jahrzehnte währenden Existenz eine äußerst wechselvolle Geschichte, die in Bezug auf die jeweils existierenden politischen Systeme von der Monarchie über die Ausrufung der Ersten Republik, vom austrofaschistischen Ständestaat bis hin zur Machtübernahme der Nationalsozialisten führte. Letztere veranlassten schließlich – wegen zu moderner und liberaler künstlerischer Ansichten, der hohen Anzahl von Künstler*innen mit jüdischen Wurzeln und eines linken Flügels unter den Mitgliedern – im September 1938 die Auflösung der Künstlervereinigung.
Eine große Anzahl der ordentlichen, außerordentlichen und korrespondierenden Mitglieder wie Georg und Bettina Ehrlich-Bauer, Josef Floch, Carry Hauser, Lilly Steiner, Otto Rudolf Schatz oder Felix Albrecht Harta mussten emigrieren oder wurden – wie Robert Kohl oder Fritz Schwarz-Waldegg – im Konzentrationslager ermordet. Der kosmopolitische und interkulturelle Geist des Hagenbundes fand damit sein Ende.
HAGENBUND
VON DER GEMÄSSIGTEN ZUR RADIKALEN MODERNE
16.09.2022 – 06.02.2023 | Leopold Museum
KURATOREN: HANS PETER WIPPLINGER, DOMINIK PAPST, STEFAN ÜNER
Leopold Museum | Museumsplatz 1, A -1070 Wien