KUNSTWERK DES TAGES – Justus Sustermans

Justus Sustermans (Antwerpen 1597–1681 Florenz), Bildnis der römisch-deutschen Kaiserin Maria Leopoldine von Habsburg-Tirol (1632–1649), Öl auf Leinwand, 72 x 58 cm, Schätzwert € 60.000 – 80.000

Heiratspolitik

Dieses elegante Porträt zeigt eine junge Frau, die Mitte des 17. Jahrhunderts eine wichtige Rolle in der dynastischen Politik spielen sollte: Maria Leopoldine, Erzherzogin von Österreich-Tirol (1632 Innsbruck–1649 Wien).

Das Gemälde entstand um 1647, ausgeführt vom Hofmaler der Familie Medici, Justus Sustermans. Auftraggeberin war die Mutter der Dargestellten, Erzherzogin Claudia von Habsburg-Tirol, eine Medici, Tochter des Großherzogs Ferdinand I. von Toskana. Mit großer Wahrscheinlichkeit entstand das Porträt im Vorfeld einer Eheschließung, die 1648 zwei Zweige des mächtigen Hauses Österreich wiedervereinigen sollte.

Erzherzogin Maria Leopoldine war ein wichtiges Pfand für ehrgeizige dynastische Pläne. Ursprünglich sollte sie Gemahlin des mächtigen Karl I. Ludwig von der Pfalz werden. 1641, als Maria Leopoldine erst neun Jahre alt war, schrieb Karl I. Ludwig an seine Mutter, um ihr von seinem Vorhaben, die Erzherzogin zu ehelichen, zu erzählen. Die Idee zu dem Ehearrangement stammte von seinem Onkel, Karl I. von England, und Kaiser Ferdinand III., jenem Mann, den Maria Leopoldine letztendlich tatsächlich heirateten sollte. Eine Eheschließung, so die Idee der beiden Herrscher, sollte „allen Groll zwischen unseren beiden Familien“ beenden. Die Verbindung kam nie zustande und Maria Leopoldine blieb mindestens sieben weitere Jahre ein verfügbarer Trumpf im Spiel um dynastische Zusammenschlüsse.

Nach dem Tod seiner ersten Frau Maria Anna von Spanien musste Ferdinand III. (1608 – 1657), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, eine neue geeignete Ehepartnerin finden. Er schickte im November 1647 ein Schreiben an die Mutter von Maria Leopoldine in dem er seinem Wunsch Ausdruck verleiht, ihre Tochter zu heiraten. Es wird vermutet, dass dieses Porträt von Sustermans gemalt wurde, um dem Kaiser ein Bild der potentiellen Braut zu präsentieren. In dem Gemälde ist Maria Leopoldine in den heraldischen Farben Rot und Weiß des Hauses Österreich gekleidet, was deutlich auf ihre Verbindung zur kaiserlichen Familie hinweist. Sie trägt einen breiten, hauchdünnen, fast durchsichtigen Kragen, der am Hals mit zwei Bändern befestigt ist, und ihren Hals und ihre Schultern bedeckt, was ihrer Kleidung eine eher keusche Note verleiht. Die Rose, die sie in der Hand hält, ist ein symbolischer Hinweis auf ihren Brautstatus.

Justus Sustermans (Antwerpen 1597–1681 Florenz), Bildnis der römisch-deutschen Kaiserin Maria Leopoldine von Habsburg-Tirol (1632–1649), Öl auf Leinwand, 72 x 58 cm, Schätzwert € 60.000 – 80.000
Justus Sustermans (Antwerpen 1597–1681 Florenz), Bildnis der römisch-deutschen Kaiserin Maria Leopoldine von Habsburg-Tirol (1632–1649), Öl auf Leinwand, 72 x 58 cm, Schätzwert € 60.000 – 80.000

Kaiser Ferdinand III. wählte Maria Leopoldine schließlich als seine zweite Frau. Er heiratete damit die Tochter seines Onkels Leopold V., Erzherzog von Österreich-Tirol, sprich seine Cousine ersten Grades und enge Verwandte. Durch die Eheschließung wurde sie römisch-deutsche Kaiserin und Königin von Ungarn und Böhmen. Ihre Hochzeit wurde prunkvoll in Linz gefeiert, obwohl sie noch während der offiziellen Trauerzeit nach dem Tod von König Wladislaus IV. von Polen stattfand. Maria Leopoldine starb nur 13 Monate später im Alter von 17 Jahren nach der Geburt ihres ersten Kindes, Erzherzog Karl Joseph.

Auktion Alte Meister
10. November 2020

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