Das Porträt war stets ein wirkungsvolles Instrument der Herrschaftsrepräsentation – insbesondere für Königshäuser, wie dieses kürzlich wiederentdeckte imposante Bildnis Karls II. zeigt.
Positives Image
Umfangreiche Recherchen der spanischen Kunsthistoriker Cipriano García-Hidalgo Villena und Gloria Martínez Leiva haben ergeben, dass dieses Gemälde den spanischen Hofmalern als Vorlage für ähnliche Kompositionen diente. Einem eigens im Real Alcázar von Madrid eingerichteten Hofatelier kam die Aufgabe zu, Bilder der habsburgischen Regenten nach vorgegebenen Porträttypen zu fertigen. Auch die vorliegende Arbeit des Hofmalers Sebastian Herrera Barnuevo diente als Muster dafür, ein positives Image des jungen Königs in Umlauf zu bringen. Herrera Barnuevo diente als Muster dafür, ein positives Image des jungen Königs in Umlauf zu bringen.
Stets präsent
Bildnisse des Königs in herrschaftlich-siegreicher Pose wurden als diplomatische Geschenke überreicht und sollten untermauern, dass der Herrscher selbst in entlegenen Regionen des Reiches stets präsent war. Werke wie dieses beeindruckende Porträt sollten die Wahrnehmung Karls II. als einen fähigen, erfahrenen Monarchen stärken, der den Fortbestand der Habsburger-Herrschaft im spanischen Reich garantiere. Die Realität war freilich eine andere, wie sich alsbald zeigen sollte.
Der letzte spanische Habsburger
Als der – hier im September 1665 porträtierte – junge Mann den spanischen Thron bestieg, nahm eine der großen Tragödien des Habsburger-Hauses ihren Anfang. An ihrem Ende stand der Spanische Erbfolgekrieg, eine der blutigsten Auseinandersetzungen in der europäischen Geschichte. Karl sollte der letzte Habsburger auf Spaniens Thron sein.
Hofmaler
Sebastián Herrera Barnuevo (1611–1671) wurde 1667 zum Hofmaler bestellt. Man trug ihm auf, ein wirkmächtiges Königsporträt anzufertigen, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Inspirieren ließ er sich dabei von zwei erfolgreichen Porträttypen, mit denen bereits frühere Hofmaler gearbeitet hatten.
Hoch zu Ross
Einer davon ist Velázquez’ Darstellung des berittenen Baltasar Carlos für den Königssaal des Buen-Retiro-Palastes. Bilder, die diese Vorlage und einen verschollenen Urtyp von Barnuevo selbst variieren, finden sich in zahlreichen spanischen Sammlungen. Dazu zählt auch das Sebastián Herrera Barnuevo zugeschriebene Porträt „Karl II. zu Pferde“ in den Beständen des Patrimonio Nacional in Madrid. Die Qualität der im Hofatelier angefertigten Nachbildungen schwankt indes stark. Als Karl II. zehn war und also auf seine mit 14 Jahren erreichte Volljährigkeit zuschritt, ging man offenbar dazu über, den König zu Pferde zu porträtieren, um ihn sprichwörtlich zu überhöhen. Barnuevo ließ sich dabei von Rubens’ berühmtem Bildnis des Kardinalinfanten Ferdinand leiten.
Gold und Silber
Das vorliegende Gemälde zeigt eine Landschaft bei Dämmerung unter bleiern blauem Himmel. Der berittene Infant sitzt in der Corvette-Pose auf einem weißen Pferd. Karl hat langes, wallendes Haar und ist mit einer braunen Reithose aus Leder bekleidet, seine zarte Gestalt steckt in einer Rüstung mit reicher Verzierung in Gold und Silber. Dabei könnte es sich um eines jener Mailänder Exemplare handeln, die Philipp III. als Kind getragen hatte; jedenfalls weist sie Ähnlichkeiten mit einer Garnitur in der königlichen Rüstkammer in Madrid auf. Karls Hals ziert der Orden vom Goldenen Vlies, in seiner Rechten hält er den Kommandostab. Die linke obere Ecke des Bildes zeigt einen Adler, der mit einem Lorbeerkranz in seinem Schnabel das Haupt des Kindes bekrönt. Im Hintergrund ist – erkennbar im unteren Bildteil – eine Schlacht im Gange, möglicherweise der Devolutionskrieg von 1668, bei dem Spanien einen der raren Siegezeit der Herrschaft Karls II. errang. Die Pose des Königs ist identisch mit jener, die ein Porträt aus der Gil-Nebot-Sammlung im Madrider Prado zeigt. Das wallende Haar und das Antlitz des Königs sind auf ähnliche Weise dargestellt.
Das Porträt, das als eines der herausragendsten Werke Sebastian Herrera Barnuevos gilt, zeugt von jenem großen künstlerischen Können, mit dem er die Nachfolge von Juan Baustista Martinez del Mazo und Diego Rodríguez de Silva y Velázquez antrat. Es ist eines der wenigen bekannten Werke, die zur Gänze vom Meister ausgeführt wurden.
Wir danken Cipriano García-Hidalgo Villena und Gloria Martínez Leiva für ihre Mitarbeit an diesem Beitrag.
Information:
Mark MacDonnell, Experte für Alte Meister