Bereits durch ihre Produktion limitiert, erweisen sich Single Malts – abseits des komplexen Geschmacks – als erstaunlich stabiles Sammelgebiet. Das Investment lohnt sich!
Jede Flasche Whisky ist geronnene Zeit. Die vom Gesetzgeber dafür vorgegebene Mindestlagerzeit liegt bei drei Jahren, wenngleich Traditionalisten selten zu Single Malts unter „12 years“ greifen. Zwischen dieser Altersstufe und der aktuell ältesten Abfüllung (81 Jahre alt) findet sich eine ganze Palette an raren Whiskys aus Schottland. Denn auch wenn japanische Editionen (etwa Chichibus „Intergalactic“) vierstellige Preise erzielen: Das Maß aller Dinge sind bei Whisky-Investitionen nach wie vor schottische Single Malts.
Hochprozentig: Auch die Wertsteigerung
Wer sich bei Auktionen auf die Suche nach rarem Whisky begibt, sollte wissen, wie der aktuelle Sekundärmarkt funktioniert. Denn einen global anerkannten Börsenindex für die gehandelten Malts (analog dem Londoner Liv-Ex für Spitzenweine) gibt es leider nicht. Dennoch interessieren sich Analysten für die Whisky-Welt. Vor allem in der Dekade nach der globalen Finanzkrise 2008 richteten Investoren ihren Fokus auf Schottland: Um 428 Prozent (!) legten die Erträge bei Auktionen zwischen 2008 und 2018 gemäß dem „Knight Frank Wealth Report“ zu. Die aktuellste und umfassendste Analyse, für die in Edinburgh 500.000 Auktionsergebnisse verglichen wurden, ergibt auch für das Handelsjahr 2022 ein Plus von 22 Prozent. Der „Noble & Co Whisky Intelligence Report“ listet aber auch klar auf, für welche Single Malts das gilt.
Speziell Einsteiger sollten nach den folgenden Marken Ausschau halten, für die es eine große Käuferschicht gibt: Macallan, Springbank, Ardbeg, Bowmore, Glendronach, Bruichladdich und Lagavulin. Gemeinsam machten sie laut „Noble & Co“ 88 Prozent aller Transaktionen auf dem Sekundärmarkt aus. Wobei Macallan allein für 36 Prozent aller Auktionsergebnisse 2022 verantwortlich war – und mit „The Reach“ auch den absoluten Rekord setzte. Der 81 Jahre alte Single Malt wurde um 340.000 Euro verkauft.
Wiedereröffnete „Geisterbrennereien“
Ironischerweise ist es vor allem das Wachstum der aktuellen Produktion, das historische Flaschen noch wertvoller macht. Analysten empfehlen vor allem den Ankauf alter Flaschen sogenannter „lost distilleries“, also geschlossener Brennereien, von denen noch Abfüllungen erhältlich sind. Aufgrund der Nachfrage öffnen einige von ihnen wieder, wie das aktuell bei Bladnoch, Springbank oder Port Ellen (einer bislang äußerst gefragten „Geisterbrennerei“) der Fall ist. Dabei versuchen die Markeninhaber auch, den alten „stock“ an Whiskys zu erwerben. Er lagert meist bei unabhängigen Abfüllern oder in Einzelflaschen privater Sammler, die dafür fast immer einen Aufpreis veranschlagen dürfen.
Auch die nicht wiederbelebten Brennereien dürfen sich freilich eines Preispremiums erfreuen. Letzteres gilt sogar für Grain-Brennereien, die mit ihrer Produktion aus anderem Getreide als Gerste „nur“ den Blended Scotchs zuarbeiten. So kostet Single Grain aus der 1983 geschlossenen Carsebridge Distillery heute bereits 900 Euro pro Flasche. Doch auch hier geht es um trinkbare Geschichte: Der „48 years old“ ist älter als die Millennials, die heute eine starke Sammlergruppe ausmachen.
Roland Graf ist Chefredakteur des „Falstaff Barguide“, Whisky-Liebhaber und einer der besten Kenner des internationalen Spirituosen-Marktes.
DIE TEUERSTEN FLASCHEN
Aus den Auktionsergebnissen für schottischen Single Malt ragte im Vorjahr „The Reach“ von Macallan (340.000 Euro für den 81-jährigen Whisky) heraus. Platz 2 ging an die Destillerie The Dalmore: Zwei 62 Jahre alte Whiskys – „The Cromarty“ und „The Mackenzie“ – wurden um jeweils 324.000 Euro gehandelt. Ein weiterer Macallan, der „Six Pillars“ (50 Jahre alter Single Malt im Lalique-Dekanter), brachte 132.000 Euro. Die Whisky-Insel Islay repräsentierte am Sekundärmarkt der „Black Bowmore Aston Martin DB5“ bestens. Er stammt wie das von James Bond bekannte Luxusauto aus dem Jahr 1964 – verkauft für sportwagenverdächtige 136.800 Euro.