ZERO – Weiß ist Farbe!

Zero-weiss ist farbe

Weiß war, neben Gold und Silber, die bevorzugte Farbe der ZERO – Künstler.
Nicht
zuletzt versinnbildlicht Weiß auch deren Credo:
die gesellschaftliche Utopie des Neubeginns.


VON PETRA SCHÄPERS

Weiß ist Farbe. Ob als Nichtfarbe oder als Summe aller Farben, ob als Verkörperung reiner Energie oder als Materialisierung des Seins – Weiß transportiert die Signale utopischer Exerzitien, von Malewitsch bis Fontana, von der Gruppe ZERO bis zu Ulrich Erben. Weiß steht für Reinheit und Licht, Weiß reflektiert Licht am besten, Weiß ist befreit von Erinnerungs- und Ausdruckswerten, Weiß ist reine Energie und zugleich Stille, in Weiß summieren sich alle Farben.

Für Gotthard Graubner ist der Lichtwert einer betont materiell verkörperten Farbe von größter Bedeutung – und nicht die Brechung des realen Lichts an dinglichen Oberflächen, die für die ZERO-Künstler erste Priorität hatte. Aus dem instrumentellen Gebrauch des Schaumstoffschwammes wird eine Bildform, die das Werkzeug zum Zentrum des Werkes macht. Die opaken Arbeiten aus der Zeit um 1968 sind in Graubners experimentellen Nebelräumen angesiedelt. Der Betrachter taucht in einen undurchdringlichen opaken Aggregatszustand ein, der durch die Überspannung mit Perlon noch betont wird. Die Bildkörper lösen sich aus dem malerischen Kontext heraus, werden zu ästhetischen Objekten, die ihre Zweidimensionalität zugunsten einer Skulpturalität aufgeben und eine Analogie zur Körpererfahrung des Betrachters bilden.

Neben Weiß wählten die ZERO-Künstler auch Gold und Silber. Sie nutzten die Reflexionen des Lichts, um mit Unebenheiten und Strukturen ein vibrierendes Rasterspiel zu erzeugen. Das Ergebnis dieses Prozesses geht von der aktiven Bewegung bzw. dem „Wandern“ des Betrachters aus. Die geprägte Aluminiumplatte des Reliefs von Heinz Mack spiegelt das Licht in bewegter Brechung und die flirrende Hochglanzoberfläche scheint sich optisch aufzulösen.

Von 1953 an entwickelte Herbert Zangs neue Positionen von Materialstrukturen in Papier, Karton und Pappe. „Bei meinen Raster-, Gitter- oder Gazebildern habe ich die Raster durch Knicken, durch Zusammenfälteln, durch Aufbrechen erzielt, so wie die Beschaffenheit des Materials es halt erlaubte. Denn einen Karton kann ich nicht fälteln und Seidenpapier kann ich nicht brechen […] Die ‚Rasterbilder‘ sind ja im Grunde genommen Transparentverweißungen. Raster führt zur Entfremdung des Menschen […] Raster verhindern das in Gang bringen von Geist und Denkprozessen. Ein Raster ist wie ein Gitter, das den Weg zur neuen Fortentwicklung behindert.“ (aus: Thomas Weber, „Zangs – Plus Minus Leben“, 1997)

„Luther war es“, so der deutsche Kunsthistoriker Klaus Honnef, „der das Licht als Energie, als energetische Kraft, dem Reich der Anschauung erschlossen hat […]. Luther war es, der durch Verwendung von komplexen Spiegel-Linsensystemen immaterielle, nichtsdestoweniger sichtbare, reale und gleichzeitig schwebende Vor-Bilder der Lebensrealität schuf, die ein wortloses Staunen erzeugten […] und die Existenz von ,parallelen Welten‘, die sich der unmittelbaren Wahrnehmung entziehen, vorführten. Luther war es, der nicht allein in seinen Raumgestaltungen die vermeintlich passiven Betrachter in unverzichtbare Mitgestalter verwandelte.
Seine Kunst ist erlebbar mit der Bereitschaft zum offenen Blick.“


Petra Schäpers ist Expertin für Moderne und Zeitgenössische Kunst sowie Leiterin der Dorotheum Repräsentanz Düsseldorf.

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