TRIUMPH DER GESTE
Hans Hartung – bedeutender Protagonist des Informel und Liebhaber des Experiments – legte besonderen Wert auf das schöpferische Moment. Mit drei Werken aus den 1960er- und 1970er-Jahren ist er bei der Dorotheum-Auktion Zeitgenössische Kunst am 5. Juni vertreten.
Geboren in Leipzig im Jahre 1904, studierte Hans Hartung zunächst Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität Leipzig und wechselte dann für ein Studium der Malerei an die Hochschule für Bildende Künste Dresden. 1932 hielt er sich in Paris auf, wo er Wassily Kandinsky und Piet Mondrian treffen und später, 1947, seine erste Einzelausstellung haben sollte.
Hartung war ein bedeutender Vertreter des Informel. Diese Stilrichtung entstand in der Nachkriegszeit aus dem Bedürfnis nach einer neuen Sprache, die das Trauma des Zweiten Weltkrieges aufarbeitet. Hartung identifizierte sich nicht mehr mit einer figurativen Darstellungsweise oder der strengen geometrischen Abstraktion, sondern war vom Wunsch getrieben, eine Art von Malerei zu erproben, die die Geste hervorhob.
Die Ablehnung der Form hatte zuvor bereits andere künstlerische Strömungen gekennzeichnet, das Informel unterschied sich aber darin, dass hier besondere Aufmerksamkeit auf den kreativen Akt, das künstlerische Event gelegt wurde, das sich im Moment der Kreation erschöpft – das Werk ist Zeugnis des Experimentierens und des kontinuierlichen Schaffensprozesses.
Hartungs Zeichen entspringen schnell und entschlossen scheinenden und doch stets vorbereiteten Gesten; es ist eine selbstbewusste, klare Bewegung, die in die Leinwand oder die Metallplatte kratzt und so eine Spannung zwischen Hintergrund und Oberfläche erzeugt.
Es ist ein emotionaler Zustand, der mich zum Zeichnen und dazu drängt, bestimmte Formen zu kreieren, im Versuch, eine ähnliche Emotion beim Betrachter auszulösen … Es gefällt mir, auf der Leinwand zu agieren. Es ist dieses Bedürfnis, das mich antreibt: das Bedürfnis, mit meiner Geste eine Spur zu hinterlassen. Es geht um den Akt des Malens, des Zeichnens, des Kratzens und des Schabens!
HANS HARTUNG
Die Geste nimmt auf eindringliche Weise Raum in Beschlag: In manchen Fällen dringen schwarze Farbfelder in den weißen Hintergrund ein, in anderen überwiegen Grauschattierungen, und manchmal durchbricht der Künstler einheitliche Farbflächen, indem er das Material mit gewaltsamen Kratzern zerfurcht.
Nach dem Erfolg bei der letzten Post-War and Contemporary Art Auktion im Dorotheum, wo Hans Hartungs „T1963-R50“ 247.000 Euro erreichte, kommen im Juni wieder drei Leinwände aus den 1960er- und 1970er-Jahren zur Auktion. Die Werke aus dieser Zeit zeichnen sich durch eine immer schnellere und spontanere Gestik aus, vor allem durch Anwendung einer „grattage“ genannten Technik des Wegnehmens der noch frischen Farbe mittels Instrumenten wie Rollen und Bürsten. Im Werk „T1963-R49“ bestimmt der schwarze Hintergrund die Leinwand, unterbrochen nur durch tiefe Kratzer, die sich von oben nach unten ziehen.
In „T1962-A7“ und in „T1970-H45“ greifen unterschiedlich starke Linien auf durchgehend dunklem Grund ineinander und schaffen so ein dichtes Gewebe, das dem Werk Dynamik verleiht.
Obwohl Hartungs Aufmerksamkeit durchwegs dem Zeichen und den Grafismen galt, wusste er sein Schaffen über die Jahre zu variieren und seinen Werken so einen jeweils individuellen Charakter zu geben – Ergebnis der konstanten Hingabe des Künstlers an das Experiment
INFORMATIONEN zur AUKTION
Auktionsdatum: 5. Juni 2019, 17.00 Uhr
Auktionsort: Palais Dorotheum, Dorotheergasse 17, 1010 Wien
Besichtigung: ab Samstag, 25. Mai