Giovanni Paolo Panini: Hommage an die Heilkunst

Giovanni Paolo Panini war einer der berühmtesten Künstler im Rom des 18. Jahrhunderts. Sein Gemälde der Isola Tiberina wurde vom größten britischen Arzt seiner Zeit als Hommage an den Gott der Medizin und der Heilkunst in Auftrag gegeben. Es ist eines der Highlights der Classic Week im Dorotheum im Oktober.

Dieser faszinierende sonnenbeschienene Blick auf die Isola Tiberina, das römische Heiligtum des Äskulap, Gott der Medizin und Heilkunst, wurde von einem der produktivsten und erfolgreichsten Vedutenmaler des 18. Jahrhunderts gemalt. Giovanni Paolo Panini (1691–1765) gilt als herausragender Maler von Ansichten Roms. Seine Werke wurden besonders von Kunstinteressierten auf der Grand Tour geschätzt.

Panini konzentrierte sich auf die klassischen Ruinen und Landschaften des antiken Rom und malte historische Stätten der Antike wie das Pantheon mit der für ihn charakteristischen akribischen Genauigkeit in der Darstellung der Architektur. Für seine Ansichten stellte er auch erdachte Räume zusammen, indem er authentische Gebäude in fiktive Landschaften setzte oder sogar mit mehreren separaten Darstellungen Roms auf einer einzigen Leinwand experimentierte. Diese erfundenen Ansichten waren als „Capricci“ bekannt und zu dieser Zeit sehr beliebt.

Das vorliegende Gemälde aus dem Jahr 1724 ist eines der erfolgreichsten „historischen“ Capricci von Panini. Inspiriert von einer Episode aus Ovids Metamorphosen (Buch XV), thematisiert das Werk Medizin und Heilung im Kontext der römischen Antike: Es erinnert an den Ursprung der Verbindung zwischen der Isola Tiberina und der Heilkunst im alten Rom. Der Legende nach sandten die Römer, um der verheerenden Pest von 293 v. Chr. ein Ende zu setzen und Hilfe für ihr leidgeprüftes Volk zu suchen, Botschafter nach Epidaurus, wo sich ein berühmter, dem Gott der Medizin gewidmeter Tempel befand. Der Überlieferung zufolge wurden die Botschafter mit einer Statue Äskulaps, des griechischen Gottes der Heilkunst und Medizin, nach Rom zurückgeschickt. Als sie am Ufer des Tiber von Bord gingen, schlängelte sich eine Schlange, die bis heute als Symbol der Medizin gilt, aus dem Schiff, das die Statue der Gottheit transportiert hatte. Sie verwies damit auf den ausgewählten Standort des zukünftigen Tempels auf der Isola Tiberina. Rom wurde von der Pest befreit und die Isola Tiberina für immer zum Heiligtum von Äskulap.

Das Gemälde ist eine Art Hommage an die von der Isola Tiberina ausgehenden Heilerfolge. Die Komposition erzählt mehrere Geschichten zu diesem Thema, die sich zeitgleich abspielen, eingebettet in die monumentale klassische Architektur von Gebäuden wie dem hier dargestellten Tempel der Vesta im Forum Romanum. Die Statue des Äskulap ist bereits aufgestellt, und die Gläubigen beten vor ihr oder bringen ihr ihre Anliegen dar. An anderer Stelle sind Figuren auf einer Brücke zu sehen, die zu Ehren des Gottes Weihrauch verbrennen, und im Vordergrund wenden sich die Botschafter selbst der Statue des Äskulap zu, als würden sie die große Kraft der Heilung und Medizin bestaunen.

Dieses Gemälde ist nicht nur an sich bedeutend, sondern zeichnet sich auch durch seine spannende und faszinierende Entstehungsgeschichte aus. In Auftrag gab es der Brite Richard Mead (1673–1754), einer der führenden Ärzte, Sammler und Philanthropen seiner Zeit. Als Medizinpionier war er auf die Prävention von ansteckenden Krankheiten wie Skorbut oder Pocken spezialisiert. Und er war Experte für die Wirkung von Giften. Im Zuge seiner Forschungen trank er sogar selbst Schlangengift, um seine Theorien zu überprüfen. Zu seinen Patienten zählten Königin Anne, König Georg II., Sir Isaac Newton und der berühmte französische Künstler Antoine Watteau.

Meads umfangreiches Sammlerinteresse umfasste wissenschaftliche Bücher und Manuskripte, naturhistorische Objekte sowie eben Gemälde und Zeichnungen. Zu seiner beeindruckenden Kunstsammlung gehörten Werke von Poussin und Canaletto, Dürer, Holbein und Rembrandt. Antoine Watteaus „Die italienischen Komödianten“, die sich heute in der National Gallery of Art in Washington befinden, standen ebenfalls in seinem Besitz.

Es überrascht also keineswegs, dass eine so bedeutende Persönlichkeit der Medizingeschichte, zugleich ein Kunstkenner mit einem scharfen Auge für hohe Qualität und mit Interesse an der Antike, hier einen der größten Meister des klassischen Capriccio, des Inbegriffs der Mode seiner Zeit, beauftragte, eine Huldigung auf den Gott der Heilkunst und Medizin zu malen.

 

 

Giovanni Paolo Panini (1691–1765) Opfergabe an Äskulap auf der Isola Tiberina, Rom Öl auf Leinwand, 102,5 x 92,5 cm Schätzwert € 300.000 – 400.000
Giovanni Paolo Panini (1691–1765) Opfergabe an Äskulap auf der Isola Tiberina, Rom Öl auf Leinwand, 102,5 x 92,5 cm Schätzwert € 300.000 – 400.000

AUKTION

Alte Meister
23. Oktober 2025
Palais Dorotheum, Dorotheergasse 17, 1010 Wien

oldmasters@dorotheum.com
Tel. +43-1-515 60-403

No Comments Yet

Comments are closed




Auktions-Höhepunkte, Rekord-Preise und spannende Kunst-Geschichten. Mit dem Dorotheum Blog sind Sie immer am Puls des Auktionsgeschehens!


Archive