Louyse Moillon: Augenschmaus

Augenschmaus

Mit Louyse Moillon holt das Dorotheum in seiner Altmeister-Auktion wieder eine der wenigen weiblichen Kunstschaffenden ihrer Zeit vor den Vorhang. Die „Obstverkäuferin“ ist ein brillantes Beispiel der feinsinnigen Malerei, für die Moillon schon zu Lebzeiten große Anerkennung erhielt. Ihr bewegtes langes Leben war von politischen und religiösen Wirren im Frankreich des 17. Jahrhunderts geprägt.

Selbst König Charles I. von England und König Louis XIII. von Frankreich waren von ihren Arbeiten begeistert und erwarben ihre Werke: Louyse Moillon zählt heute zu den bekanntesten französischen Vertretern der Stilllebenmalerei. Wie die meisten Frauen unter den Alten Meistern stammte sie aus einer Malerfamilie – und wurde deren bedeutendstes Mitglied.

Die Moillons waren strenggläubige Hugenotten, aufgewachsen ist Louyse in der Gegend um Saint-Germain-des Prés, einer Enklave protestantischer Flüchtlinge aus den südlichen Niederlanden. Unter ihnen fanden sich viele Künstler, die die Tradition des Stilllebens nach Paris brachten. Auch wenn die königliche Akademie damals Stillleben als nicht prestigeträchtig ansah, am holländischen Markt florierte der Handel damit, und auch das wohlhabende Pariser Bürgertum zeigte zunehmendes Interesse an dem Genre. Louyses Vater, Nicolas Moillon, war Landschafts- und Porträtmaler sowie Kunsthändler, der ebenfalls sehr bekannte Bruder Isaac wurde Historienmaler und war wie der Vater Mitglied der Académie Royale. Louyse lernte zunächst bei ihrem Vater, nach dessen Tod übernahm der Stiefvater, der wohlhabende Stilllebenmaler François Garnier, die weitere Ausbildung und bestärkte sie in der Beschäftigung mit der Gattung des Stilllebens.

Schon mit knapp 20 Jahren war Louyse mit dem Verkauf ihrer Arbeiten erfolgreich. Französische wie niederländische Einflüsse prägen ihren von viel Aufmerksamkeit für Details und Hell-Dunkel-Kontraste bestimmten überaus eleganten Stil. Schalen und Körbe mit prachtvoll arrangierten Früchten am Höhepunkt ihrer Reife, ausgelegtes Gemüse und Vasen mit Blumen dominieren ihre Bilder. Als eine der Ersten kombinierte sie, wie in dem ebenso realistischen wie zauberhaften Gemälde der „Obstverkäuferin“, Stillleben mit Figuren. Die Jahre zwischen 1630 und 1640, denen auch dieses Gemälde zuzuschreiben ist, bildeten die wichtigste Schaffensperiode der Künstlerin. Nach 1640, nach der Eheschließung mit dem wohlhabenden Holzhändler Girardot de Chancourt, der einer burgundischen Hugenottenfamilie entstammte, nahm die künstlerische Produktion ab.

Das königliche Edikt von Fontainebleau von 1685, das die Rechte französischer Calvinisten massiv einschränkte, traf die Familie Girardot hart. Drohungen und Misshandlungen richteten sich gegen die Familienmitglieder. Ihr Mann blieb dem Calvinismus treu und wurde eingekerkert, zwei Kinder, möglichweise auch Louyse selbst, flohen nach England, andere wurden zwangskatholisiert. 1696 starb Louyse Moillon im hohen Alter von 86 Jahren in Paris.

Nur rund 40 Gemälde aus ihrer Hand sind bis heute erhalten; die „Obstverkäuferin“ nimmt im Œuvre der Künstlerin eine wichtige Stellung ein. Vergleichbare Werke der herausragenden Malerin finden sich im Louvre in Paris und im Musée des Beaux-Arts in Straßburg.

Louyse Moillon (circa 1610–1696) Die Obstverkäuferin, Öl auf Leinwand, 122 x 112 cm Schätzwert € 200.000 – 300.000

AUKTION

Alte Meister, 24. April 2024, 18 Uhr
Palais Dorotheum, Dorotheergasse 17, 1010 Wien

oldmasters@dorotheum.com
Tel. +43-1-515 60-403

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