Aboudia zählt zu den großen Namen der afrikanischen Gegenwartskunst. In seiner von ihm als „Noutchi“ bezeichneten Malweise verbinden sich Graffiti und der Stil der Holzschnitzereien Westafrikas, finden Bürgerkrieg und Straßenkinder seines Heimatlandes Elfenbeinküste thematisch Niederschlag. Aboudias Sprache ist universell.
Ein elektrisierender Mix aus afrikanischem Street Style und Westkunst-Avantgarde vor dem Hintergrund einer bemerkenswerten Biografie: Das alles macht den 1983 in der Nähe von Abidjan, der vormaligen Hauptstadt der Elfenbeinküste, geborenen Abdoulaye Diarrassouba zu einem der großen Namen der afrikanischen Gegenwartskunst. Wer Aboudia, so der Künstlername des knapp 40-Jährigen, bloß als neuen Basquiat etikettiert, macht es sich zu leicht. Inhaltlich wie stilistisch bezieht sich sein in der westlichen Kunstwelt gefeiertes, mit dem Werk Cy Twomblys oder Dubuffets verglichenes Œuvre auf sein seit Anfang des dritten Jahrtausends durch jahrelange Bürgerkriege krisengeschütteltes Heimatland … und spricht zugleich eine universelle Sprache zwischen Pathos, Empathie und Aggression.
Brisante Themen wie jene der Straßenkinder oder Kindersoldaten greift Aboudia in seinen in dicken Schichten aufgetragenen und mit gefundenen Materialen angereicherten Gemälden auf. Ihm gehen die Verlorenheit, aber auch die Power und die Freude der Kinder nahe, die mittels Graffiti aus ihrem Dasein zeitweise ausbrechen können. Aboudia selbst hat mit 15, nach dem Gewinn eines Kunstwettbewerbs in der Schule, seine Familie verlassen und eine Kunstschule in Bingerville besucht. Dabei soll er zum Teil im Klassenzimmer übernachtet haben. In Abidjan absolvierte Aboudia ein Kunststudium. Nun gibt er denen, die ihn inspirieren, etwas zurück: In Bingerville unterstützt die Aboudia Foundation seit 2018 Straßenkinder.
„Deux amis noutchi“ („Zwei Noutchi-Freunde“) heißt eine 2019 entstandene Arbeit aus der kommenden Dorotheum-Auktion. Im Titel findet sich ein für Aboudia zentraler Begriff, der stellvertretend für sein gesamtes Werk steht: Noutchi. Ursprünglich eine Kombination aus zwei Wörtern einer westafrikanischen Sprache – „moustache“, also „Schnauzbart“, bedeutend – wurde „Noutchi“ zur Anspielung auf die in den Straßen Abidjans imitierten „bad guys“ der Western. Später benannte man damit den dort gesprochenen Slang. Aboudia adaptierte „Noutchi“ als Bezeichnung für seinen Stil, der von den Graffiti der Stadt und den traditionellen Holzschnitzereien Westafrikas herrührt. Und „Noutchy“ heißt als Draufgabe auch noch sein Hund.
Zur Autorin: Doris Krumpl ist die Pressesprecherin des Dorotheum.
Information: Alessandro Rizzi, Experte für Moderne und Zeitgenössische Kunst
AUKTION
Zeitgenössische Kunst I , 1. Juni 2022, 17 Uhr
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