KÖNIGSDISZIPLIN DER MALEREI
Der ehemalige Mittelteil eines Triptychons von Pieter Coecke van Aelst ist zweifellos eines der Highlights der kommenden Frühjahrsauktionen: Er gehört nicht nur zu den bedeutendsten Werken des flämischen Meisters; mit seiner Herkunft aus dem niederländischen Königshaus verfügt er zudem über eine faszinierende Provenienz.
Die „Anbetung der Könige“ des flämischen Meisters Pieter Coecke van Aelst (1502 Aalst – 1550 Brüssel) hat eine royal-illustre Provenienz: Das Triptychon gehörte einst König Wilhelm II. Der „schlanke Billy“, wie der König vom Duke of Wellington auch genannt wurde, war nicht nur der schneidige Held der Schlacht bei Waterloo, sondern als Prinz von Oranien auch eine Instanz in Fragen des Geschmacks und Pionier im Sammeln flämischer Renaissancekunst. Mit dem Kauf von Kunst begann er prompt nach der gewonnenen Schlacht im Jahr 1815, um seine Gemächer im Brüsseler Palast der niederländischen Königsfamilie mit erlesenen Bildern zu behängen. Nachdem er tatkräftig an der Vertreibung Napoleons aus Flandern mitgewirkt hatte, sollten in seiner Sammlung die während der Napoleonischen Kriege in den Niederlanden verlorengegangenen Kunstwerke wieder zusammenfinden. Die Kirchen hatten begonnen, ihre Kunstschätze zu verhökern, weil die Einnahmen aufgrund von Kirchenreformen im 18. Jahrhundert versiegten; außerdem waren nach 1797 französische Revolutionsarmeen eingedrungen und hatten Werke verschleppt, um damit den Louvre in Paris zu staffieren. Bei diesem anhaltenden Raubzug wurden selbst Altarbilder zergliedert, darunter eines in Sint-Truiden vom Antwerpener Meister Pieter Coecke van Aelst.
Wilhelm war Prinz eines Königreiches, das damals auch Flandern umfasste. Als solcher fühlte er sich im katholischen, südlichen Teil der Niederlande wohler als am Hof seines Vaters in Den Haag. Unglücklicherweise revoltierten die Belgier im Jahr 1830 einmal mehr mit französischer Schützenhilfe und beschlagnahmten die Brüsseler Sammlung des umtriebigen Prinzen, der nun gezwungen war, ein neues Heim in Den Haag für seine Kunstschätze zu errichten. Dabei ließ er seiner Begeisterung für den neogotischen Stil freien Lauf und baute hinter dem Kneuterdijk-Palast in Den Haag eine Festhalle nach, die einer der damals beliebten alten Heldensagen entnommen schien. Die „Anbetung der Könige“ wurde 1840 angeschafft und ist rechts im Hintergrund eines Aquarells von Huib van Hove aus dem Jahr 1842 zu erkennen, gleich über der Dame in Blau am Arm eines eleganten Kavaliers. Als Wilhelm das Zeitliche segnete, erwarb sein jüngerer Bruder das Gemälde; dessen Nachfahren wiederum sollten es bis in die 1960er-Jahre behalten.
Die „Anbetung der Könige“ war ursprünglich der Mittelteil eines Triptychons. Coecke van Aelst fertigte das Gemälde als Geselle in der Werkstatt des „Meisters von 1518“ an. Eine Infrarot-Reflektografie hat ergeben, dass der junge Impresario zunächst mit weiteren Figuren experimentiert und die monumentale Architektur mit Girlanden versehen hatte, in der ausgereiften Endversion aber darauf verzichtete. Dank der prächtigen Gewebe der Königsgewänder und der reich vergoldeten Gefäße wirkte das Bild äußerst dekorativ – ob an seinem ursprünglichen Bestimmungsort (einem Oratorium des 16. Jahrhunderts) oder später im Besitz des niederländischen Königs, der für alles Gotische schwärmte. Hinzu kommt die königliche Provenienz, die das Bild zu einem der bedeutendsten bisher bekannten Werke des Antwerpener Meisters macht.
INFORMATIONEN zur AUKTION
Auktion Alte Meister, 9. Juni 2020
Palais Dorotheum, Dorotheergasse 17, 1010 Wien
alte.meister@dorotheum.at
Tel. +43-1-515 60-403