Der Schmuck der Familie Esterhazy
Sie ist außergewöhnlich umfangreich, gut dokumentiert, und sogar Skizzen, Inventarlisten und Porträts der Trägerinnen sind erhalten: Die Schmucksammlung der Familie Esterházy gibt so einen interessanten Einblick in barocke Schmuckkunst und den Umgang damit in Familie und Gesellschaft. Historischer Schmuck, der Geschichten erzählt!
Eine bedeutende Sammlung
An den lieblichen Hängen des Rosaliengebirges gelegen, erhebt sich Burg Forchtenstein stolz und majestätisch über die rund 2.800 Einwohner zählende Gemeinde. Einst Bollwerk gegen die Türken, birgt sie heute eine bedeutende Privatsammlung barocker Schmuckkunst.
Der Gründer dieser Sammlung, Palatin Nikolaus Graf Esterházy, bewies in Heiratsangelegenheiten ein sicheres Händchen: Beide Gattinnen – nach dem Tod seiner ersten Frau Ursula Dersffy ehelichte er Christina Nyáry – brachten Witwenvermögen in die Ehe ein. Damit war in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts der Grundstein für die Sammlung schmucker Kostbarkeiten gelegt, die sich bis heute auf Burg Forchtenstein befindet. Von Anfang an war nicht nur deren Vergrößerung, sondern vor allem ihr Erhalt als Einheit ein wesentliches Ziel.
Der rein materielle Wert der Stücke mag die Sammlung der Familie Esterházy heute weniger auszeichnen als ihre künstlerische und handwerkliche Qualität, ihre historische Bedeutung und der geschichtliche Zusammenhang. Die akribisch restaurierten Juwelen finden sich detailgetreu auch in Familienporträts dargestellt. Diese spiegeln die gesellschaftliche Stellung der Trägerin wider und weisen auch auf die oft unterschiedlichen Tragemöglichkeiten hin.
Erhalten gebliebene Inventarlisten, Skizzen Korrespondenzen und Verlassenschaftsverfügungen dokumentieren den Anlass für die Entstehung der einzelnen Schmuckstücke und ihren damaligen Wert. Weitgehend unbekannt sind bedauerlicherweise die Goldschmiedewerkstätten, denen die Juwelen entstammen.
Funkelnde Mode
Unter Fürst Paul I. Esterházy wurde die Sammlung in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts deutlich ausgebaut. Für seine Erwerbungen fuhr er bis nach München und Oberitalien. Es waren dies Reisen der Inspiration, bei denen er die Stücke auch selbst aussuchte, um so seine „Schatzkammer“ im entfernten Forchtenstein weiter auszustatten.
Zu den absoluten Modetrends des 17. Jahrhunderts zählten mit Diamanten und Perlen besetzte Paruren: Die aus miteinander kombinierbaren Schmuckstücken bestehenden Garnituren boten variable Tragemöglichkeiten. Zumeist waren es Bruststücke die als Anhänger getragen werden konnten, Broschen, die als Haarschmuck Verwendung fanden, Colliers, Ohrgehänge und Armketten, deren Hängeteile sich leicht abnehmen ließen. In Verbindung mit edlen und kostbaren Stoffen verwandelten sie ihre Trägerin in ein Gesamtkunstwerk.
Bei Broschen besonders beliebt waren Schleifenformen, die als „Sévigné-Broschen“ bekannt sind. Namensgeberin war die Marquise de Sévigné, die vom Hofe Ludwigs XIV. aus in ganz Europa einen wahren „Mascherlboom“ auslöste.
Viele der vorhandenen Schmuckstücke, Skizzenzeichnungen und vor allem Porträts belegen eindrucksvoll, dass die Magnatengattinnen der Fürsten Esterházy eine ganz besondere Vorliebe für Perlen hatten, galten diese doch als Symbol für Reinheit und vollkommene weibliche Schönheit.
Bei den vorliegenden Schmuckstücken wurden die auf beiden Seiten angebohrten Perlen mit Draht befestigt oder auf Kleider, Hauben und Mäntel direkt aufgenäht. „Perlensammlerinnen“ achteten sorgsam darauf, dass herabgefallene Perlen nicht in Fußbodenritzen kullerten, und „Perlenhefter“ nähten diese unverzüglich wieder an passender
Stelle an. Der Wert selbst ganz kleiner Perlen war derart hoch, dass nicht verarbeitete Perlen sorgsam in unterschiedlichste Behälter gelegt und für den Bedarfsfall aufbewahrt wurden. Der ernste Gesichtsausdruck von Gräfin Ursula Esterhazy lässt allerdings erahnen, unter welcher Last sie beim Tragen der zahllosen Perlenschnüre zu leiden hatte.
Geheimnisvolle Glassteinkunst
Doch auch Glassteine galten im 17. Jahrhundert als Besonderheit: Am französischen Hof waren die aus Murano stammenden, zumeist sehr farbenprächtigen Steine hoch geschätzt. So soll Ludwig XIV. nicht davor zurückgeschreckt haben, Spione auf die italienische Insel zu schicken, um dem Geheimnis der Glassteinkunst in all seiner Vollendung auf die Schliche zu kommen. Markanter Zeuge dieser außergewöhnlichen Kunstfertigkeit ist der mit einem Fotorahmen rückseitig versehene Anhänger aus der Sammlung ebenso, wie es andere lose aufbewahre Steine sind. Um jeglichen Schadensfall oder Verlust zu vermeiden, wurde ganz genau aufgezeichnet, welches Familienmitglied zu welchem Anlass mit welchem Schmuckstück ausgestattet wurde.
Ebenso wertvoll wie die Juwelen waren aber auch die Schatullen, Futterale oder Säckchen, in denen diese nach dem feierlichen Anlass, zu dem sie getragen wurden, wieder verschwanden. Jedes einzelne Juwel fand darin seinen vorgesehenen Platz. Doch die Ausformungen und Vertiefungen der Formetuis weisen auch auf fehlende und nicht mehr vorhandene Kleinodien hin.
In ihrer Gesamtheit bietet die Sammlung barocker Schmuckstücke auf Burg Forchtenstein einen außergewöhnlichen Einblick in die historisch bedeutungsvolle und in ihrem historischen Zusammenhang einmalige Welt seltener Goldschmiedekunst.