
Mit dramatischen Bildkompositionen verstand es Friedrich Gauermann, für seine Landschaften, Tierdarstellungen und Genreszenen aus dem bäuerlichen Alltag zu begeistern. Im April kommen zwei Gemälde des bedeutenden Künstlers der Biedermeierzeit zur Auktion.
Das Schaffen von Friedrich Gauermann fällt in eine Zeit des Umbruchs, in der sich die Auffassung der Landschaftsmalerei nachhaltig veränderte. Die realistische, möglichst wirklichkeitsgetreue Wiedergabe der Landschaft trat in den Vordergrund, und der Anspruch, die fühlbare Wirklichkeit visuell darzustellen, regte die Künstler zu neuen Höchstleistungen an. Gauermann zählt zur ersten österreichischen Künstlergeneration, die ihre ganz persönlichen Erlebnisse mit großer Begeisterung realitätsgetreu festhielt. Er verwendete seine zahlreich in der Natur gefertigten Skizzen als Grundlage für die im Atelier komponierten Ölgemälde, wobei er meisterhaft Landschaftsdarstellung und Staffage mit genrehaften Elementen vereinte, die dem betrachtenden Auge eine neue Welt der Schönheit der Natur und des geselligen Landlebens eröffnen.
Gauermanns Naturstudien dienten aber nicht nur ihm selbst als Basis, sondern wurden auch von seinen Malerkollegen geschätzt. So ist überliefert, dass sich Ferdinand Georg Waldmüller (1793–1865) in den 1830ern eine von Gauermann angefertigte Ölstudie ausborgte, um seine Landschaft darauf aufzubauen. Auch standen viele österreichische Landschafts- und Tiermaler in regem Austausch, besonders Friedrich Gauermann mit seinen beiden Schwagern Josef Höger (1801–1877) und Wilhelm Pollak (1802–1860) sowie ferner Josef Feid (1806–1870). Sie durchwanderten die österreichischen Alpen und hielten ihre persönlichen Erlebnisse mit Begeisterung in Zeichnung und Malerei fest.
Ab den 1820ern stellte der in Miesenbach geborene Friedrich Gauermann das ländlich-bäuerliche Idyll konsequent in seinen Bildern dar, wobei die Landschaft das dominierende Bildelement ist. Ab den 1830er-Jahren wurden seine Kompositionen zunehmend bewegter und gewannen an Dramatik. Die Naturgewalt, die mittels Stürmen, Gewittern und Regengüssen sowie drastischer Lichtverhältnisse verbildlicht ist, wird zum Grundthema der Komposition. Gauermann konzentrierte sich auf theatralische Wolkenformationen und effektvolle Lichtstimmungen. Dieser Wandel zeigt sich auch in den Aufzeichnungen des Malers, der in seinen Bildbeschreibungen nun die Hell-Dunkel-Verhältnisse anführte. Das akribisch geführte Einlaufbuch informiert uns heute nicht nur über die mannigfaltigen Auftraggeber in ganz Europa, sondern auch über seine Arbeitsweise und seine Naturauffassung.

So beschrieb er das Gemälde „Ein Stier kämpft mit einem Bären“ im Frühjahr 1843 selbst folgendermaßen: „Kampf mit einem Stier und einem Bären; der Bär wird an den Felsen gedrückt, links scheuen Kühe, weiter im Mittelgrund die Alpe. Düstere Beleuchtung.“ Die direkte Naturbeobachtung blieb stets Grundlage und seine Motivsammlung ergänzte Gauermann im Zuge seiner Reisen, Wanderungen und Fahrten, die er oftmals mit befreundeten Malerkollegen unternahm. Für das genannte Gemälde befindet sich eine Vorzeichnung in den Landessammlungen Niederösterreich (Inv.Nr. KS-2809). Die Bestrebungen, die Lichtverhältnisse zu erfassen und den Moment einzufangen, zeigen sich bereits in der breiten Schraffur der Bleistiftzeichnung. So zog Gauermann seine in der Natur gefertigten Skizzen und Studien nicht nur zur Lokalisierung einer Szene heran; sie dienten ebenso zur Vorbereitung der bildnerischen Dramaturgie. Die Grenzen zwischen realer Natur und der eigenen künstlerischen Fantasie sowie Kreativität des Malers verschwimmen und erzeugen einen spannenden Bildkosmos.

Bis in die frühen 1840er-Jahre überraschte Gauermann das Publikum immer wieder mit ungewöhnlichen und besonders dramatischen Themen, fesselte es mit neuen Regieeinfällen und Bildkompositionen. Ab den späten 1840ern fanden sich neben den bereits zum Standard des Malers zählenden Alpengenres und Wildtier- bzw. Tierkampf- und Jagdszenen immer weniger neue Bildkreationen, wobei Genreszenen regen Anklang bei Auftraggebern aus dem österreichischen und internationalen Adel fanden. Im Gegensatz dazu schien das bürgerliche Klientel bäuerliche Genreszenen mit Motiven aus den Alpen zu bevorzugen. Das Gemälde „Beim Hufschmied“ stellt das ländliche Idyll mit großem Naturalismus dar. Mit präziser, brillanter Schärfe im Detail gibt Friedrich Gauermann die gesamte Handlung wieder. Das idealisierte Genrebild verbindet sich mit der gewaltigen Naturatmosphäre, und besonders in der Wolkenstimmung zeigt er sich als Meister seines Faches.
Der Künstler beherrschte die von der Natur bestimmte Dramaturgie perfekt und verdankte diesen wirkungsvollen Gemälden schon zeitlebens große Erfolge. So ist es nur verständlich, dass eine Vielzahl österreichischer Maler, unter ihnen Edmund Mahlknecht (1820–1903), in seine Fußstampfen zu treten versuchte. Die Malerei von Friedrich Gauermann erscheint dem betrachtenden Auge auch heute noch zeitlos, da die Auseinandersetzung zwischen Menschen und Natur immer eine gewisse Aktualität bewahrt.
Da sich manche seiner Bilder enormer Beliebtheit erfreuten, verknappten sich in den späten 1880er- und 1890er-Jahren die Bildmotive Defreggers und er griff vermehrt auf bereits bestehend Themen zurück. Zu dieser Zeit zählten die Gemälde des mittlerweile zu den etablierten Münchner Malerfürsten zählenden Franz von Defregger zu den meistreproduzierten im deutschsprachigen Raum; der Verleger Franz Hanfstaengl erwarb die Reproduktionsrechte meist noch im Jahr der Fertigstellung seiner Ölgemälde oder kurz darauf. „Der Urlauber, junger Soldat zu Besuch daheim“ erschien im Kunstverlag Franz Hanfstaengl als „Wieder daheim“, wobei es sich wohl um den ursprünglichen, von Defregger vorgesehenen Bildtitel handelt. In gemütlicher Stube berichtet ein junger Soldat inmitten seiner Familie von seinen Erlebnissen. Defregger ging es um die Schilderung und Charakterisierung menschlicher Verhaltensweisen, und diese stellte er mit psychologischem Fingerspitzengefühl dar.
Sein Bildkosmos eröffnet den Betrachtern einen Sehnsuchtsort in der alpinen Bergwelt, in die sich das städtische Publikum nur zu gerne hineinträumt.
AUKTION
Gemälde des 19. Jahrhunderts, 28. April 2025, 18 Uhr
Palais Dorotheum, Dorotheergasse 17, 1010 Wien
19.jahrhundert@dorotheum.at
Tel. +43-1-515 60-355, 765, 501