Hübsches Biedermeier
Johann Baptist Reiter zählt zu den bedeutendsten Biedermeier-Malern seiner Zeit. In der kommenden Auktion Gemälde des 19. Jahrhunderts ist er mit drei Porträts vertreten, die Reiters Lieblingsmodelle und Lieblingssujets zeigen. Sie verdeutlichen, welch wichtiger Platz ihm in der Malerei des Biedermeiers zukommt.
Als Student an der Wiener Akademie der bildenden Künste erfuhr Johann Baptist Reiter (1813–1890) zunächst in der Königsdisziplin Historienmalerei seine Ausbildung. Reiters vordergründiges Interesse galt aber den Genre- und Porträtdarstellungen, die er vor allem bei Waldmüller kennenlernte. Waldmüllers realistische Darstellungsweise, die die Kunst des Biedermeiers prägte, beeinflusste auch sein Werk maßgeblich, wie an diesen drei Arbeiten zu sehen ist. Seine Porträts vermitteln eine gewisse Intimität, die sich aus dem persönlichen Bezug zu den Modellen erklärt.
Die Intimität der Zeit
Das Damenporträt zeigt die zweite Ehefrau des Künstlers, Anna Josefa Theresia Brajer (1836–1889). Er lernte sie noch während seiner ersten Ehe 1853 kennen. Die um 23 Jahre jüngere, aus Böhmen stammende Näherin wurde bald schon Reiters Lieblingsmodell und seine Geliebte. Erst als 1866 seine erste Ehefrau starb, von der er bereits längere Zeit getrennt gelebt hatte, konnte der Künstler Anna heiraten.
Das Gemälde „Bei der Toilette“ soll seine erste Frau oder eine seiner Schwestern darstellen.
Intime Szenen sind in Reiters Œuvre immer wiederkehrende Motive. Es lässt Anleihen bei den altniederländischen Meistern erkennen, die Reiter durch den Realismus des Biedermeiers ergänzt: Der Spiegel als Stilmittel ist typisch für das 17. Jahrhundert, wobei die Protagonistin lebensnah im Stil des Biedermeiers wiedergegeben wird. Reiters wohl bekanntestes erotisches Gemälde zeigt eine teilweise entblößte schlafende Frau, auf einem Bett liegend. „Die Schlummernde“, die an zeitgenössische französische Künstler erinnert, befindet sich im Belvedere.
In dem Gemälde „Rückkehr vom Einkauf“ ist Reiters einzige Tochter Alexandrine, genannt Lexi, im Alter von zirka neun Jahren dargestellt. Lexi steht mit Milchkännchen und Töpfen in der Hand auf der winterlichen Kettenbrücke vor dem in der Wienzeile gelegenen Atelier des Künstlers. Johann Baptist Reiter malte seine geliebte Lexi des Öfteren. Der frühe Tod der damals 19-Jährigen war ein so großer Schicksalsschlag für ihn, dass er die Malerei gänzlich aufgab.
Bianca Hawel und Caroline Ghiringhelli sind Kunsthistorikerinnen in der Abteilung Gemälde des 19. Jahrhunderts im Dorotheum.
Auktion
Gemälde des 19. Jahrhunderts
25. April 2018, 16 Uhr
Palais Dorotheum Wien
Information:
Dimitra Reimüller, Expertin für Gemälde des 19. Jahrhunderts
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