Geschichte und Bedeutung des Armbandes
Armschmuck zählt zu den ältesten Schmuckstücken der Menschheit. Archäologische Funde zwischen Euphrat und Tigris, in China oder Ägypten zeigen eindrucksvoll, welche elementare Bedeutung ihm in Bezug auf die soziale Stellung des Trägers oder der Trägerin seit Jahrhunderten zukommt. Galt Armschmuck bei Frauen primär als Ziergegenstand oder Amulett, diente er bei Männern auch als Schutz vor einer Verletzung der Handgelenke.
Die Wahl von Leder, Holz, Stein und Metall als Material für Armschmuck war ursprünglich nicht nur den technischen Möglichkeiten ihrer Verarbeitung geschuldet. Vielmehr repräsentierten sie selbst bereits Macht, gesellschaftlichen Einfluss, soziale Stellung oder religiöse Symbolik. Ebenso vielseitig wie das Material war und ist die Gestaltung des Armschmucks. Wurden Armbänder zunächst mit aufgefädelten Perlen aus Knochen, Stein, Glas oder Keramik gefertigt, entwickelten sich bald aus verschiedenen Metallen wie Gold, Silber oder Bronze eindrucksvoll bearbeitete Armspangen und Armmanschetten.
Ornamente, Blumen, Tiermotive
Ornamentale Muster oder florale Verzierungen finden sich ebenso darauf wie Tiermotive – am häufigsten kommen aufgrund ihrer mythologischen und symbolischen Bedeutung Darstellungen von Schlangen vor. Später wurden diese vielfach stilisiert. Beispielsweise brachte der italienische Starjuwelier Bulgari Ende der 1960er-Jahre in seiner „Serpenti“-Kollektion eine Armbanduhr heraus, in der sich Schmuck mit Funktionalität verbindet. Sie wurde zum absoluten Must-have. Dabei ist nicht nur die Goldschmiedearbeit herausragend. Kooperationen mit Uhrenmanufakturen wie Jaeger-LeCoultre oder Omega garantieren feinste Mechanik und Technik auf kleinstem Raum.
Lediglich im Mittelalter gerieten Armbänder ein wenig in Vergessenheit. Armgelenke wurden von langen Ärmeln und feinen Spitzen verdeckt und boten damit keinen Platz für Schmuck, zumal die mit Armut und Demut verbundenen Werte des Christentums in Europa strengen moralischen Vorstellungen zu entsprechen hatten.
Edelsteine aus fernen Ländern
Doch bereits ab der Renaissance kamen Armbänder wieder in Mode und blieben Eyecatcher – bis zum heutigen Tag. Mit der Entdeckung neuer Erdteile und deren Erkundung gelangten vermehrt Edelsteine wie Smaragde, Rubine oder Saphire nach Europa. Das Handwerk der Steinschneiderei und Steinschleifkunst, das in Wien bereits ab Anfang des 16. Jahrhunderts belegt ist, verbreitete sich. Die Perfektionierung dieser Handwerkskunst ermöglichte es, Steine für die Schmuckverarbeitung unter immer geringerem Materialverlust so zu bearbeiten, dass deren Farbe und Brillanz immer besser zum Vorschein kamen. Armschmuck wurde nun ausschließlich von Frauen getragen. Oft zierten beide Handgelenke mit Steinen besetzte Zwillingsarmbänder.
Rückbesinnung auf die Antike
Die archäologischen Ausgrabungen in Pompeji und Ägypten steigerten ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts das Interesse am Reisen und an der Antike. Dieser Trend spiegelt sich noch heute in der Gestaltung von Armbändern mit Mikromosaik-Einlagen, historischen und stilisierten Schlangenmotiven oder historischen Verzierungstechniken wider.
Schmuck mit emotionaler Bedeutung
Die Damenmode des Empire mit hoch angesetzter Taille, weich fließenden Stoffen und zumeist kurzen Ärmeln gewährte freien Blick auf die mit Armband oder Armspange geschmückten Arme. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden opulent wirkende Armbänder aus Gold getragen, bevorzugt an beiden Gelenken. Entgegen ihrer Optik waren sie, dank der Entwicklung von Press- und Gussverfahren, sehr leicht und fragil. Zunehmend an Bedeutung gewannen auch Armbänder, die Emotionen der Trägerin zum Ausdruck bringen sollten.
Freundschafts-, aber auch Trauerschmuck aus Naturmaterialien wie Echthaar, Schildpatt oder Gagat (imprägniertem fossilen Holz) erfreuten sich in ganz Europa großer Beliebtheit. Medaillons und Anhänger beinhalteten oft Haarlocken oder Fotografien nahestehender Personen. Heutige Nachfolger davon sind Bettelarmbänder mit ihren zahlreichen Anhängern
Art Déco: Klare Formen, viele Funktionen
Im ersten Quartal des 20. Jahrhunderts bestimmte das Art Déco nicht nur Architektur und Mode, sondern auch Design und Schmuckgestaltung. Brillanten, Diamanten und Farbsteine wurden in unterschiedlichen Schliffformen in ein und demselben Schmuckstück in klaren symmetrischen Ornamenten verarbeitet.
Die kühle Brillanz der Diamanten wurde durch die Verarbeitung mit Platin ebenso hervorgehoben wie die leuchtende Farbenpracht unterschiedlichster Schmucksteine durch den Kontrast von Gelb- und Roségold. Dabei stand nicht der Wert der verarbeiteten Steine im Vordergrund, sondern allein das Formenspiel des Designs. Durch die abstrakte geometrische Formgebung der einzelnen Glieder wirken die Armbänder trotz ihrer Breite zart und leicht.
Besonders populär war zur Zeit des Art Déco auch die Multifunktionalität von Schmuckstücken: Mit wenigen Handgriffen ließen sich Schmuckstücke wie Diademe zu prächtigen Armbändern oder Broschen umwandeln und damit zu vielfachen Anlässen tragen. Oder Armbänder erfüllten nicht nur schmückende Funktion, sondern fanden – dank einer oftmals versteckten Uhr – auch praktische Anwendung.
Bis zum heutigen Tag erfreut sich Armschmuck jeder Art und Ausstattung großer Beliebtheit. Ob mit Diamanten bestückte Rivière-Armbänder oder Freundschaftsbänder als Zeichen emotionaler Bindung: Armbänder werden zu jeder Gelegenheit getragen. Hinsichtlich Sujets und Verarbeitung sind der Fantasie – so zeigt die reiche Auswahl – keine Grenzen gesetzt.
Astrid Fialka-Herics ist Leiterin der Abteilung Juwelen und Uhren im Dorotheum, Expertin für Juwelen, Juristin und gelernte Goldschmiedin.