MAILAND – Eine Liebeserklärung an die Stadt

Modestadt und Finanzmetropole … Mailand hat aber noch weitaus mehr zu bieten als Haute Couture und Haute Finance: Viele unbekannte Kostbarkeiten und verborgene Plätze harren ihrer Entdeckung. Eine Liebeserklärung von Angelica Cicogna Mozzoni, Direttrice der Mailänder Dorotheum – Repräsentanz, an ihre Stadt.

von Angelica Cicogna Mozzoni 

WAS SOLL ICH ÜBER DIESE STADT SAGEN, DIE STETS NUR ALS ITALIENS BRIEFTASCHE GEGOLTEN HAT?

Börse, Business, Handel, nicht zu vergessen natürlich Shopping – all das wird gemeinhin mit Mailand assoziiert. Dabei steckt die Stadt voller wunderbarer Geheimnisse, die sich meist hinter den hohen Mauern der Palazzi verbergen und nur darauf warten, gelüftet zuwerden. Auch die Geschäftsräume der Mailänder Dorotheum-Repräsentanz sind an einem solchen Ort untergebracht: Der Palazzo Amman ist ein kleines Juwel mit schmuckem Garten um einen prachtvollen Magnolienbaum, dazu Kletterpflanzen, immergrüne Gewächse und Kamelien in Rot und Weiß, den Farben Österreichs und Mailands. Im Hintergrund erfreut die von Mario Botta gestaltete moderne Rückseite der Mailänder Scala das Auge des Betrachters; spätnachmittags hört man bisweilen den Chor und das Orchester für die Abendvorstellung proben – ein zauberhaftes Arbeitsumfeld!

Wenn ich an meinem Schreibtisch sitze und in den kleinen verwunschenen Garten hinunterblicke, fühle ich mich hier jeden Tag aufs Neue angekommen. Mailand ist unaufdringlich charmant … und diskret: Die mit Stuck und Fresken verzierten Palazzi verstecken sich vielfach hinter unauffälligen Fassaden; von Besuchern der Stadt werden sie allzu oft gar nicht wahrgenommen. Viele historische Gebäude wurden während des Zweiten Weltkrieges zerstört, so manche Residenz hat den Bombenhagel freilich sprichwörtlich überstanden: etwa der Palazzo Clerici mit seinem atemberaubenden Deckenfresko von Tiepolo; der PALAZZO SERBELLONI, ein wunderbares Exempel für Simone Cantonis Architektur des späten 18. Jahrhunderts; der Palazzo Reale, in dem laufend Ausstellungen gezeigt werden; der zwischen 1782 und 1787 nach Plänen des berühmten Architekten Giuseppe Piermarini entworfene Palazzo Belgioioso, wie die bereits erwähnte Scala einParadebeispiel neoklassizistischer Architektur; der Palazzo Trivulzio, einer der schönsten Rokokobauten der Stadt; oder der auf das 13. Jahrhundert zurückgehende spätgotische Palazzo Borromeo, der nach dem Bombardement im Zweiten Weltkrieg teils erneuert werden musste.

Palazzo Serbelloni, Sala Napoleonica © Francesco Arena
Palazzo Serbelloni, Sala Napoleonica © Francesco Arena

Schwärmen lässt sich auch von den vielen Museen – angefangen bei der Pinacoteca di Brera über den Pavillon zeitgenössischer Kunst oder das WISSENSCHAFTS- UND TECHNIKMUSEUM bis hin zum Museo del Novecento für Kunst des 20. Jahrhunderts, dessen Fenster sich zur Piazza del Duomo öffnen und eine Wohnzimmer- Atmosphäre schaffen. Das Museum in der Stadt … und die Stadt im Museum! Oder das Castello Sforzesco, dessen Räume beseelt sind von der Geschichte seiner Bewohner, ob es nun die Sforza oder die Visconti waren. Ein Kulturjuwel ist auch das Poldi Pezzoli Museum mit all den kostbaren Gegenständen und Kunstwerken, die der Besitzer Gian Giacomo Poldi Pezzoli zusammentragen hat. Die Meilensteine italienischen Designs sind indes in einer Dauerausstellung der Triennale di Milano zu bestaunen.

Wissenschafts- und Technikmuseum © Alessandro Grassani
Wissenschafts- und Technikmuseum © Alessandro Grassani

Atemberaubend sind auch Mailands Kirchen. Etwa San Babila und San Carlo. Oder San Satiro aus dem 15. Jahrhundert mit seiner gemalten illusionistischen Perspektive von Donato Bramante. SANT’AMBROGIO, dem Schutzpatron Mailands gewidmet, ist eine der ältesten Kirchen Mailands. Dann wäre da auch noch das wunderbare Dominikanerkloster Santa Marie delle Grazie, dessen Refektorium eines der großartigsten Werke Leonardo da Vincis, „Das Abendmahl“, beherbergt. Von der zentralen Turmspitze des Mailänder Doms blickt La Madonnina über die Innenstadt.

Sant’Ambrogio © Sant’Ambrogio
Sant’Ambrogio © Sant’Ambrogio

Mailand, unaufhörlich in Bewegung und stets am Puls der Zeit. Kaum etwas, was die Stadt nicht zu bieten hat: Mode, Design, Kultur … Ihr modernes Gesicht zeigt sie in neuen Vierteln mit reger Bautätigkeit – wie der Porta Garibaldi mit dem Unicredit-Hochhaus oder dem ehemaligen Messegelände, auf dem sich Wohnbauten von Zaha Hadid und Daniel Libeskind erstrecken. Daneben wird dort emsig an der Fertigstellung der drei – ebenfalls von Libeskind und Hadid sowie von Arata Isozaki – geplanten CENTRAL TOWERS gewerkt. Sie läuten eine neue Ära in Mailand ein und werden die Skyline der Stadt verändern. Nun gilt es die letzten Vorbereitungen für die bevorstehende Expo 2015 abzuschließen.

Zaha Hadid, Render © Zaha Hadid Architects, Courtesy of Citylife
Zaha Hadid, Render © Zaha Hadid Architects, Courtesy of Citylife

Ich liebe das Mailänder Leben. Es ist perfekt … oder fast perfekt. Die fünf Linien der Mailänder U-Bahn – sie tragen die Farben Rot, Grün, Gelb, Violett und Blau – sind die Adern des öffentlichen Lebens. Dazwischen ziehen Busse weite Kreise, um die Bewohner der Stadt von A nach B zu bringen … ebenso wie die Straßenbahn, deren charakteristische Schienengeräusche heimischen Ohren so vertraut sind, dass sie sie gar nicht mehr wahrnehmen. Eine der alten Garnituren beherbergt heute übrigens ein stets ausgebuchtes Top-Restaurant, dessen Gäste sich beim Essen auf eine Spritztour durch die Stadt begeben. Mailand strotzt vor Leben. Die Stadt ist berühmt für ihre Restaurants und für die Bars im Zentrum mit ihren Happy Hours, bei denen es sich so satt essen lässt, dass man auf das Abendessen gut und gerne verzichten kann. Vor ein paar Monaten hat die Lebensmittelkette Eataly ein riesiges Geschäft im Teatro Smeraldo eröffnet, wo man all jene Produkte erhält, für die Italien berühmt ist. Gleich um die Ecke findet sich der bekannte 10 CORSO COMO STORE von Carla Sozzani, der ehemaligen Herausgeberin der italienischen „Vogue“.

Corso Como © 10 Corso Como, Mailand
Corso Como © 10 Corso Como, Mailand

 

Angelica Cicogna Mozzoni ist Repräsentantin des Dorotheum Mailand.

(myART MAGAZINE Nr. 04/2014)

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