Rudolf Polanszky: Zufall als Strategie

Intro Polansky

Auch wenn es ihn nicht interessiert: Rudolf Polanszkys Arbeiten sind auf dem Kunstmarkt heiß begehrt – insbesondere seit der von Zeit Kunst Niederösterreich präsentierten Retrospektive „Translineare Strukturen“ 2015 und „Eidola“, der Ausstellung aktueller Arbeiten in der Wiener Secession im Jahr 2018. Ein Werk von 2006 kommt am 1. Dezember 2021 im Dorotheum zur Auktion.

Rudolf Polanszky, 1951 in Wien geboren, erlangte in den 1970er-Jahren mit Arbeiten wie den „Schweinsfettbildern“ (1976) oder dem Super-8-Film „Zu einer Semiologie der Sinne“ (1978) Bekanntheit. Kontrollverlust als künstlerische Methode lautete schon damals seine Devise. In den 1980er-Jahren entstanden die „Schlafbilder“ (1983), indem die Bewegungen des schlummernden Künstlers mithilfe von auf seinem Overall montierten Zeichenwerkzeugen festgehalten wurden, und die „Sprungfederzeichnungen“ (1983–1985), für die Polanszky auf einer Metallfeder durch einen mit Papier ausgekleideten Raum sprang und unkontrolliert Farbspuren hinterließ.

Rudolf Polanszky, Reconstructions, 2006 Acrylglas, Harz, Farbe, Aluminium, verschiedene Materialien auf Molino, mit weiß gestrichener Holzleiste gebördelt, 140 x 120 cm Schätzwert € 35.000 – 60.000
Rudolf Polanszky, Reconstructions, 2006, Acrylglas, Harz, Farbe, Aluminium, verschiedene Materialien auf Molino, mit weiß gestrichener Holzleiste gebördelt, 140 x 120 cm
Schätzwert € 35.000 – 60.000

Seit den 1990er-Jahren verwendet Polanszky bevorzugt Industriematerialien wieder, die ihres ursprünglichen Sinns entleert und zu unbekannten neuen Strukturen und Assemblagen zusammengefügt werden. Er geht dabei nach einer von ihm „Ad-hoc-Synthese“ genannten Methode vor, sammelt Elemente aus unterschiedlichen Materialien wie Aluminium, Spiegelfolie oder Acrylglas, überlässt sie der Verwitterung, um sie dann zu kombinieren und so neue Strukturen zu schaffen. Mit den Mitteln der Kunst sollen vorgefertigte Vorstellungen aufgebrochen, die Chimären von Rationalität und Sinnhaftigkeit unterwandert werden, um durch das Spiel mit dem Zufall Neues entstehen zu lassen. „Meine Arbeit ist ein Versuch, Entsprechungen von Vorstellungsmustern neu zu ordnen, zu verändern und meine Denkstrukturen umzuorganisieren“, so der Künstler über seine Arbeitsweise. 

Franz West vor seinem Rolls-Royce Silver Shadow mit einem der sechs Passstücke. Die vorliegende Arbeit von Polanszky war eine Anzahlung für das Auto. © Foto: Jens Preusse; © Archiv Franz West; © Estate Franz West
Franz West vor seinem
Rolls-Royce Silver Shadow mit einem der sechs Passstücke.
Die vorliegende Arbeit von Polanszky war eine Anzahlung
für das Auto. © Foto: Jens Preusse; © Archiv Franz West; © Estate Franz West

Die vorliegende Arbeit gehört zur Werkgruppe der Reconstructions. Auf der Rückseite findet sich der Vermerk „für den Shadow“ in der Handschrift des Künstlers. Laut mündlicher Überlieferung bezieht sich „Shadow“ auf Franz Wests Rolls-Royce Silver Shadow. Das vorliegende Bild soll die Anzahlung dafür gewesen sein. Rudolf Polanszky und Franz West waren ab den 1970er-Jahren befreundet und setzten gemeinsam eine Reihe künstlerischer Projekte um.  

Information:

Elke Königseder, Expertin für Moderne und Zeitgenössische Kunst

AUKTION

Zeitgenössische Kunst I , 1. Dezember 2021, 18 Uhr
Palais Dorotheum, Dorotheergasse 17, 1010 Wien

20c.paintings@dorotheum.at
Tel. +43-1-515 60-358, 386

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