Sie stammen aus den Tiefen der Meere oder aus unwirtlichen Gewässern und haben oft einen weiten Weg hinter sich, bevor sie zu Geschmeiden verarbeitet werden: Korallen und Perlen – Schätze des Meeres. Astrid Fialka-Herics, Leiterin der Abteilung Juwelen im Dorotheum, hat Vera Hammer, Leiterin der Mineraliensammlung des Naturhistorischen Museums, zu diesen Kostbarkeiten befragt, die herrschaftliche Insignien ebenso zieren wie zarte Schmuckstücke.
Unzählige Mythen und Sagen sind eng mit der imaginären Entstehung von Korallen und Perlen verbunden.
So seien, als Göttersohn Perseus der schlangenköpfigen Gorgone Medusa das Haupt abschlug, einzelne Bluts-tropfen ins Meer gespritzt und dort zu Korallen erstarrt. Die Farbe der roten Edelkoralle Corallium rubrum lasse sich daraus ableiten.
Aus unerfüllter Liebe wiederum seien die Tränen einer indischen Prinzessin in großen Mengen geflossen und in das Meer getropft, wo sie zu wunderschönen Perlen erstarrten. Der Glanz der Perlen spiegle diese Leidenschaft wider, und so gilt die Perle bis heute nicht nur als Zeichen der Liebe, sondern steht auch für Reinheit und Schönheit. Da ihr Schimmer und ihr Glanz von Natur aus vorliegen, waren Perlen lange Zeit wertvoller als so mancher Edelstein, der erst durch kunstvolle Schlifftechniken seine wahre Schönheit entfaltet.
Ovid ordnete die Korallen in seinen „Metamorphosen“ der Pflanzenwelt zu, Plinius der Ältere zählte sie in seinem Werk „Naturalis historia“ zu den Mineralien. Beide lagen falsch! Denn Korallen und Perlen, die weltweit herrschaftliche Insignien und Juwelen zieren, „gehören ins Tierreich!“, stellt Vera Hammer, Leiterin der Mineraliensammlung sowie des Staatlichen Edelsteininstitutes im Naturhistorischen Museum Wien, klar. „Korallen entstehen und wachsen ausschließlich im Meerwasser. Sie wurden alleine aufgrund ihrer roten Farbe seit jeher zu Amuletten verarbeitet. Das macht sie schon per se exotisch. Perlen sind in unseren Breiten mindestens ebenso lange bekannt: Einerseits gelangten Salzwasserperlen über Umwege vom Orient nach Europa, andererseits gab es auch in Bayern und Oberösterreich schon im frühen Mittelalter Flussperlen, die zur Verzierung von Gewand verwendet oder zu einfachem Schmuck verarbeitet wurden“, weiß Vera Hammer. „Sowohl Korallen als auch Perlen bestehen aus Kalk (CaCO3), einer sehr wichtigen Gerüstsubstanz bei wirbellosen Tieren. Im Unterschied zu Korallenstöcken entstehen Perlen als Zufallsprodukt immer aufgrund von Irritationen als Absonderung einer Muschelschale.“
Eine zusätzliche Faszination erlangen diese Kostbarkeiten der Meere vor allem auch durch die unterschiedlichen Farbvarietäten, welche die Natur hervorbringt: Bei Korallen reichen sie von gebrochenem Weiß bis hin zu Tiefrot, bei Perlen von bläulichem Weiß über zarte champa-gnerfarbene Nuancen bis zu grau-schwarzen Tönen. Was aber sind die farbgebenden Substanzen? „Sofern keine künstlichen Farbmanipulationen durchgeführt wurden, ist der natürliche farbgebende Stoff bei roten Korallen ein Carotinoid. Bei Perlen liegt ein physikalischer Effekt vor: An den extrem dünnen Aragonitschichten wird das einfallende Licht gebeugt und dadurch in unterschiedliche Farben aufgespaltet. Je nachdem, wie dick oder dünn diese Schichten sind und von welcher Muschel die Perle produziert wird, entstehen unterschiedliche Farbschattierungen und unterschiedliche Glanzeffekte, die man Lüster nennt“, so Dr. Vera Hammer.
Doch gerade dieser wunderbare Schimmer einer Perle kann sehr schnell unwiderruflich erlöschen: Parfums, Cremen oder Körpersprays verätzen ihre Oberfläche und zerstören das Lüster. Entsprechend selten und wertvoll sind heute gut erhaltene Perlen in historischen Schmuckstücken! Handelt es sich darüber hinaus auch noch um natürliche Perlen aus dem Meerwasser, um sogenannte Orientperlen oder um Flussperlen aus dem Süßwasser, erzielen derartige Juwelen bei internationalen Auktionen heute wahre Spitzenpreise.
Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelang es dem Japaner Kokichi Mikimoto, hochwertige Zuchtperlen in sogenannten Perlenfarmen zu produzieren und in den Handel zu bringen. Heute nimmt die Perlenzucht einen ganz wesentlichen Platz am weltweiten Perlenmarkt ein: Sowohl im Salz- als auch im Süßwasser können Perlen kultiviert werden. Mit einem derartigen Verfahren auch Korallen zu züchten, ist bisher nicht gelungen.
Ungebrochen ist die Anziehungskraft, die Korallen und Perlen auch heute noch ausüben. Sie werden zu Verzierungen von Schmuckstücken ebenso wie zu Ketten verarbeitet. Je glatter und ebenmäßiger, aber auch je größer einzelne Perlen sind, desto höher ist ihr Wert. Auch Farbe und Lüster spielen eine wichtige Rolle.
Juwelen mit Perlen und Korallen gelten als Klassiker schlechthin und sind ein wahres „Must-have“ – getragen zum eleganten kleinen Schwarzen oder auch lässig an langen Ketten zu einem sportiven Outfit. Die Möglichkeiten und Gelegenheiten dafür sind ebenso vielseitig wie die unterschiedlichen Erscheinungsbilder dieser außergewöhnlichen Meeresbewohner.
Astrid Fialka-Herics ist Leiterin der Abteilung Uhren und Juwelen, Expertin für Juwelen, Mag. iur. und gelernte Goldschmiedin.
(Dieser Artikel erschien im myART MAGAZINE Nr. 05/2015)
Auktion Juwelen
11. Juni 2015, 18 Uhr
Palais Dorotheum Wien
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