Hugo Darnaut: Poesie der Malerei

Hugo Darnaut (1851–1937), Abendstimmung im Spätherbst, 1891 Öl auf Leinwand, 132 x 182 cm, Schätzwert € 20.000 – 25.000

Die Inspirationen für seine atmosphärischen Gemälde fand Hugo Darnaut in Plankenberg. Das Schloss mit seinem malerischen Park war Ende des 19. Jahrhunderts Treffpunkt für die Künstler der österreichischen Plein-air-Malerei.

In den Ausläufern des Wienerwaldes, unweit von Neulengbach, wo Egon Schiele im Gefängnis war, liegt der Ort Plankenberg, der mit einem ebenso stattlichen wie bezaubernden Schloss ausgezeichnet ist. Ein malerischer Park mit alten Bäumen umgibt den Ansitz, der einst im Besitz des bedeutenden Kunstsammlers und Bankiers Moritz von Fries und danach für viele Jahrzehnte in jenem des Fürsten Liechtenstein stand. Berühmt und im Gedächtnis geblieben ist Plankenberg jedoch, weil hier eine kleine, aber umso bedeutendere Künstlergemeinschaft am Ende des 19. Jahrhunderts Meisterwerke der Landschaftsmalerei geschaffen hat.  

Schloss Plankenberg

Hugo Darnaut (1851–1937), Im Schlosspark, 1893 Öl auf Leinwand, 96,5 x 80 cm, Schätzwert € 20.000 – 25.000
Hugo Darnaut (1851–1937)
Im Schlosspark, 1893
Öl auf Leinwand, 96,5 x 80 cm
Schätzwert € 20.000 – 25.000

Emil Jakob Schindler, der Doyen der österreichischen Landschaftsmalerei, hatte das Schloss entdeckt und ab 1885 als Wohnsitz gepachtet. Durch ihn wurde Plankenberg zu einem Treffpunkt für seine Schüler und Künstlerfreunde wie Carl Moll, Marie Egner, Robert Russ. Man muss es sich vorstellen: Die Männer mit langen Bärten und korrekt gekleidet in Anzügen, die Damen in langen, um die Taille geschnürten Kleidern und oft mit großen Hüten sitzen stundenlang im Garten vor ihren Staffeleien, um einen kleinen Ausschnitt der Natur mit großem Fleiß und Ernst auf die Leinwände zu bannen. Wir würden sie heute als „Naturfreaks“ bezeichnen, die den technischen Fortschritt und seine Einbrüche in die Landschaft ausblendeten und stattdessen mittels ihrer Kunst auf die Schönheit und das Besondere der Natur aufmerksam machen, sie bewahren wollten. Plankenberg wurde durch sie zu einem Begriff der Kunstgeschichte, wurde ein späteres kleines Barbizon. 

Hugo Darnaut als künstlerischer Nachfolger und Nachmieter

Nach dem plötzlichen Tod Schindlers 1892 meldete sich Hugo Darnaut als künstlerischer Nachfolger und auch als Nachmieter von Schloss Plankenberg an. Darnaut war etwas jünger als die erste Riege der Landschaftsmaler, 1851 in Dessau als Sohn eines Schauspielers und Theatermachers geboren. Dank des Vermögens seines Onkels, Teilhaber der Wiener Möbel-Firma Portois & Fix, hatte er die Möglichkeit, ab 1872 an der Akademie in Wien zu studieren. Anders als sein damaliger Mitstudent Theodor von Hörmann und sein baldiges Vorbild Emil Jakob Schindler orientierte Darnaut seine Karriere am Geschmack des Publikums und an den Regeln der neu gegründeten Gesellschaft der bildenden Künstler, des Künstlerhauses, wo er auch als Juror und Präsident agierte. Sehr bald hatte er Erfolg, seine Bilder konnte er oft von der Staffelei weg verkaufen. 

Atmosphärische Landschaftsmalerei

Hugo Darnaut (1851–1937) Abendstimmung im Spätherbst, 1891 Öl auf Leinwand, 132 x 182 cm Schätzwert € 20.000 – 25.000
Hugo Darnaut (1851–1937)
Abendstimmung im Spätherbst, 1891
Öl auf Leinwand, 132 x 182 cm
Schätzwert € 20.000 – 25.000

Früh suchte Hugo Darnaut aber auch die Nähe und den Rat von Schindler und besuchte ihn in Plankenberg. Und hier, weit weg von den Querelen, dem leidigen Konkurrenzdenken und dem Strategiespiel des Kunstmarktes, fand Darnaut Inspiration für wunderbare, raffinierte Kompositionen, tauchte er ein in eine Malerei, die die Natur mit Poesie in eine neue, zeitlose Wirklichkeit verwandelte. Mit spitzem, leicht und souverän geführtem Pinsel kostete der Maler nun die vielen Nuancen eines Farbtons aus, füllte die atmosphärischen Zwischenräume mit Luft und Sonne, mit der Wärme und den Geräuschen des Waldes und der Wiesen. 

All diese Facetten der Plein-air-Malerei in österreichischer Manier vermittelt auch das Gemälde des Schlossparks von 1893, in dem das reizende Spiel eines jungen Mädchens mit einem Zicklein und das rhythmische Schattenspiel des Sonnenlichtes mit den alten Bäumen eine stimmungsvolle Symbiose eingehen. In ähnlicher, alle Sinne ansprechender Weise unterhält uns auch die etwas früher entstandene Szenerie einer Dämmerung am Fluss, wo Fischer und Köhler im herbstlich entlaubten Wald ihrer Tätigkeit nachgehen. Beide Gemälde boten dem Betrachter von damals „großes Kino“ und stimulieren noch heute dazu, die eigene Fantasie einzubringen, aus einer Szene eine Geschichte zu spinnen und aus der Erfahrung und Sehnsucht heraus die köstliche Luft eines Sommertages oder die Kühle eines Abends einzuatmen. Und so bleibt uns diese Wirklichkeit dank ihrer Poesie als lebendige Realität erhalten. 

Marianne Hussl-Hörmann ist Expertin für Gemälde des 19. Jahrhunderts im Dorotheum.

AUKTION

Gemälde des 19. Jahrhunderts, 9. November 2021, 16 Uhr
Palais Dorotheum, Dorotheergasse 17, 1010 Wien

19.jahrhundert@dorotheum.at
Tel. +43-1-515 60-355, 377

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