Qualität, Individualität, Präzision: Josef Hoffmanns Uhr aus der Frühzeit der Wiener Werkstätte ist richtungweisend für die neuen Wege moderner Gestaltung.
Josef Hoffmann und Charles Rennie Mackintosh
In einem Brief an Josef Hoffmann schreibt der Schotte Charles Rennie Mackintosh, Begründer der Arts-and-Crafts-Bewegung, über die Wiener Werkstätte: „Wenn man mit ihrem Programm einen künstlerischen Erfolg erringen will (und der künstlerische Erfolg muß Ihr erster Gedanke sein), so muss jeder Gegenstand, den Sie aus der Hand geben, eine ausgesprochene Marke von Individualität, Schönheit und exactester Ausführung tragen.“
Die Ermahnung und zugleich Ermutigung zur Einhaltung dieser Qualitätskriterien galt Koloman Moser und Josef Hoffmann, abgesehen von ihren eigenen Ansprüchen, als Formel. Die in der kommenden Jugendstil-Auktion angebotene Uhr von 1903 – entworfen im Gründungsjahr der Wiener Werkstätte und in zweifacher Ausführung hergestellt – ist wohl in einzigartiger Weise von einer Formensprache geprägt, die sich gleichermaßen auf Tradition beruft und in der neuen Moderne angekommen ist.
Tradition und Moderne
Der Rekurs auf das Wiener Biedermeier trifft durch den architektonischen Aufbau der Uhr – die seitlich jeweils auf vier Alabastersäulen ruht – auf eine neue Moderne, die sich in Schottland bereits vor der Gründung der Wiener Werkstätte entfaltet hatte. Folgen wir den Spuren der Arts-and-Crafts-Bewegung, die ebenfalls „Gesamtkunstwerke“ von Architektur und Design hervorbrachte, lässt sich in deren Konzeptionen eine scheinbare Einfachheit und Klarheit erkennen, die jener der frühen WW ähnelt: Die gehämmerte Oberfläche des Kupfers trägt zu seiner großen, robusten Qualität bei. Der gewölbte dachähnliche Aufbau mit seinem zentralen Oval und dem mittigen, ebenfalls ovalen Schmuckstein ist eine kluge Reminiszenz an die Entwürfe der schottischen Künstlerkollegen.
Qualität und Innovation
Umgekehrt entwickelte sich auch Gegenteiliges. Die Uhr demonstriert, dass die Wiener Werkstätte als Vorreiterin einer Avantgarde auftrat, die auf Mackintoshs Konzeptionen späterer Uhren Einfluss nahm: Die von Hoffmann konzipierte erhöhte „Fassade“ mit Uhrwerk, Zeiger und Zifferblatt, die auf länglichen Streben ruht, findet sich in künftigen Uhren von Mackintosh wieder.