Mit einem VW-Käfer als Privatauto entsprach der Sozialdemokrat Bruno Kreisky in den 1970er-Jahren dem Image vom „Mann des Volkes“. Das museal geehrte sonnengelbe VW Käfer 1303 Cabriolet des langjährigen Bundeskanzlers von Österreich kommt im Juli zur Auktion Klassische Fahrzeuge.
von Wolfgang Humer
Beide sind so was wie Kult: „der Kreisky“ und der VW Käfer. Jeder auf seine Weise. Der eine als Staatsmann, der andere als Fahrzeug. Die einmalige Gelegenheit, Bruno Kreiskys persönliches VW-Cabrio von 1975 zu ersteigern, bietet die Dorotheum-Auktion Klassische Fahrzeuge am 2. Juli 2022.
BRUNO KREISKY
Bruno Kreisky (1911–1990) gilt als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des politischen Lebens Österreichs in der Zweiten Republik.
Der zwei Mal wegen Widerstandstätigkeit inhaftierte, ab 1938 im schwedischen Exil lebende Sozialdemokrat prägte nach seiner Rückkehr 1951 die politische Landschaft Österreichs – zunächst als Oppositionspolitiker, bald als Staatssekretär und als Außenminister.
Willy Brandt und Olof Palme zählten zu seinen Freunden. Als Bundeskanzler regierte Kreisky 13 Jahre lang, von 1970 bis 1983. Der unkonventionelle Politiker setzte auch Maßstäbe mit seiner Vermittlungsrolle im Nahostkonflikt. Selbst Jude, bemühte er sich um Lösung des Konfliktes mit den Palästinensern, deren Staat Österreich 1980 als Erster anerkannte.
Der VW-Käfer
Nun kommt die andere Legende ins Spiel, ein Fahrzeugmodell, das das 20. Jahrhundert punkto Mobilität mitbestimmte: der VW-Käfer.
Begonnen hatte alles in den dunklen Zeiten des „Dritten Reiches“. Entsprechend dem Wunsch der Nationalsozialisten nach einem sparsamen und günstigen „deutschen Volkswagen“ konstruierte Ferdinand Porsche 1935 den Prototyp des VW Käfer, der ab 1938 produziert wurde. Nach 1945 änderte sich das Image des Autos, das nun seinen Siegeszug um die Welt antrat. 1949 erreichten die ersten Käfer die USA. Dort hatte die „New York Times“ dem Auto bereits 1938 seinen charakteristischen Namen „Beetle“, also „Käfer“, verpasst. Die allerletzten Modelle des Ende des Jahrhunderts auf der Beliebtheitsskala vom VW Golf überholten Käfers liefen 2003 vom Stapel. Auch diese „Ultima Edición“, wie sie genannt wird, ist bei Sammlern äußerst begehrt.
Das Automobil von Bruno Kreisky stellt eine luxuriöse Ausgabe des massentauglichen Fahrzeugs dar. Es ist ein 1303er-Cabriolet aus dem Jahre 1975 in, wie es scherzhaft hieß, „Sonnengelb für den Sonnenkönig“. So wurde Bruno Kreisky mit Augenzwinkern ob seiner langen Regierungszeit und der absoluten Mehrheit seinerPartei im Parlament bezeichnet. Das gelbe VW-Cabrio war sein Privatauto, mit dem er mit 50 PS an seinem spanischen Urlaubssitz umherdüste. Die Tatsache, dass er dafür ein VW-Modell und nichts Luxuriöseres wählte, lässt vermuten, dass er um eine gewisse Volksnähe bemüht war und als Sozialdemokrat Bescheidenheit demonstrierte. Mit einem kleinen Unterschied: Kreisky kutschierte sein Cabrio auf Mallorca, die Masse der Österreicher fuhr mit klassischem VW an die Adria-Küste. Als Staatskarosse in Wien diente ihm ein Rover.
SOMMER, SONNE, FREIZEIT
Der sonnengelbe Käfer stand für Sommer, für Freizeit. Obwohl: Ferien im klassischen Sinn machte Bruno Kreisky niemals.
Seine Büroleiterin Margit Schmidt besuchte die Kreiskys zuweilen in deren Feriendomizil auf Mallorca, den Koffer voller Arbeitsunterlagen. Fotos zeigen sie auf der Rückbank des Autos, Kreiskys Frau Vera am Beifahrersitz. Auch seinen Sohn Peter chauffierte der leidenschaftliche Autofahrer. Als Kreisky in späteren Lebensjahren wegen Drohungen als gefährdet galt, aber auch sein Sehvermögen stark beeinträchtigt war, wurde er von Sicherheits- oder Kriminalbeamten herumgefahren.
Kreiskys Cabrio war einige Zeit als Dauerleihgabe dort zu sehen, wo es auch hingehört: im Museum, genauer gesagt im Technischen Museum Wien. Nun hat sich der aktuelle Fahrzeugbesitzer entschlossen, das bestens erhaltene geschichtsträchtige Automobil an Enthusiasten, ob privat oder institutionell, weiterzugeben. Ein Platz an der Sonne in jeder Fahrzeugsammlung ist ihm gewiss!