Bäcker, Bistrot, Bilder: ganz persönliche Geheimtipps von Joëlle Thomas Dorotheum-Repräsentantin in Paris. Sie führt durch ihr Paris.
Von Joëlle Thomas
Mein Paris ist so riesengroß, dass der folgende Rundgang nur einen winzigen Einblick geben kann …
1 Ob eine Bäckerei in diesen Paris-Ausblick passt? Ich bin mir nicht sicher. Aber zu meinem Paris gehört die Bäckerei DU PAIN ET DES IDÉES von Christophe Vasseur. Er hat ein Brot kreiert, das er „Pagnol“ nennt – eine Hommage an den Film „La Femme du boulanger“ und dessen Regisseur. Und er hat sich den Satz des von Raimu verkörperten Titelhelden zu eigen gemacht: „Ich werde euch ein Brot backen, wie ihr es noch nie gesehen habt … und in diesem Brot wird Liebe stecken und viel Freundschaft.“
2 Im BISTROT PAUL BERT macht man Bekanntschaft mit der französischen Gastronomie. Aufmerksame Kellner servieren eine unvergleichliche Gänseleber, ein unverschämt großes Steak – hier gibt es das sagenhafte Fleisch vom Charolais-Rind – und einen unschlagbaren Baba au rhum (ein Dessert, das dem Wiener „Besoffenen Kapuziner“ nicht unähnlich ist).
3 Teil meines Feinschmeckerparis sind auch der Käsespezialist LAURENT DUBOIS und seine ausgeflippten Verkäufer, denen zu jedem Käse ein Gedicht einfällt – vor allem zum Schafskäse, der Spezialität des Hauses.
4 Ein Paradies für Cineasten ist das Kino LE LOUXOR, das nach langer Restaurierung kürzlich wieder seinen Betrieb aufgenommen hat. Neben einem ausgewählten Filmprogramm bietet es auch begleitende Ausstellungen. Der 1920 im „ägyptischen Stil“ errichtete denkmalgeschützte Bau mit reicher Ornamentik verbindet orientalische Elemente und Formen des Jugendstils: mit blauem Mosaik verzierte Kapitelle, ägyptisch anmutende Säulen und vielfarbige Fenster in kunstvollen Schmiedeeisenrahmen.
Die großen Pariser Kulturtempel kennt man ja. Deshalb habe ich für den Rundgang durch mein Kunstparis ein paar Besonderheiten ausgewählt. Die bekannte FONDATION CARTIER für zeitgenössische Kunst, die Jean Nouvel geplant hat, sollte ich allerdings doch erwähnen. In deren luftigen Räumen werden hervorragende Ausstellungen geboten.
5 Mit seinem Rosengarten und den bläulichen Glyzinien vermittelt das MUSÉE DE LA VIE ROMANTIQUE das angenehme Gefühl, man befinde sich auf dem Land … Dabei ist man mitten in der Großstadt! Der erste Besitzer des Hauses, der Maler Ary Scheffer, empfing hier im 19. Jahrhundert die Aristokratie der Stadt und malte zahlreiche Porträts, von denen jenes George Sands besonders bemerkenswert ist. Sie kam als Nachbarin und brachte Frédéric Chopin mit. In Scheffers Atelier werden heute Ausstellungen von Künstlern des 19. Jahrhunderts gezeigt, und in dem hübschen Wohnhaus kann man Porträts bekannter Persönlichkeiten sowie Erinnerungsstücke von George Sand bewundern.
6 Am Place des Vosges liegt die MAISON VICTOR HUGO. Die dort gezeigten Ausstellungen sind dem Schaffen des großen Dichters und Malers gewidmet.
7 Einem Comic ähnlich erzählen in einem Saal des Louvre, GALERIE MÉDICIS genannt, 24 Werke von Rubens die Geschichte König Heinrichs IV. und seiner zweiten Frau Maria von Medici. Der Betrachter kann ganz eintauchen in die Ereignisse, in denen sich Politik, Noblesse, Träume, Gewalt und Sinnlichkeit vermischen. Eine Zusammenfassung des Bilderzyklus bietet das erste Werk, das den Titel „Apothéose d’Henri IV et la proclamation de la Régence de la Reine“ („Apotheose Heinrichs des IV und die Ausrufung der Regentschaft der Königin“) trägt.
Joëlle Thomas ist Repräsentantin des Dorotheum in Paris.
Fotos © Christian Saramon
www.dupainetdesidees.com
www.fromageslaurentdubois.fr
www.cinemalouxor.fr
www.fondation.cartier.com
www.maisonsvictorhugo.paris.fr
(myART MAGAZINE Nr. 02/2013)