Schulgeschichten
Der Blick in das Innere einer Dorfschule avancierte zu einem der beliebtesten Sujets der Biedermalerei. Eduard Ritter versteht es mit diesem Bild besonders, die Phantasie des Betrachters anzuregen: So steht die junge, schöne Mutter mit ihrem eingeschüchterten und verängstigten Kind dem Dorflehrer gegenüber, einem Sonderling, der wohl der guten Flasche Wein, die ihm ein Großvater als Bestechungsgeschenk entgegen hält, nicht abgeneigt ist. Die Attribute, die den Dargestellten als Lehrer ausweisen, Zylinder und Violine, sind gekonnt hinter ihm an der Wand und auf der Fensterbank platziert. Neben dem Hauptmotiv rechts im Vordergrund wird der Blick des Betrachters ins Klassenzimmer im Hintergrund geführt. Dort raufen sich „schlimme“ Kinder. Im Mittelgrund gehen zwei der missratenen Zöglinge bereits ihrer Bestrafung nach, der eine steht im Eck und der andere wischt den Boden.
Auf verschiedenen Bildebenen erzählt Ritter immer neue Geschichten, was diesem Genrebild seinen besonderen Reiz verleiht.
Der Biedermeiermaler Eduard Ritter fand wohl besonderen Gefallen daran, den Betrachter mit Bildergeschichten zum Schmunzeln anzuregen. Er absolvierte an der Wiener Akademie der bildenden Künste 1829-1834 seine Ausbildung und stellte seine Werke ab 1830 regelmäßig in der Akademie zu St. Anna aus. Im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen fand er jedoch weniger in Naturbeobachtungen eine Inspirationsquelle als vielmehr in den Bilderfindungen der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, die er aus den Werken der neu aufgestellten kaiserlichen Sammlungen kannte. Seine originellen Motive mit humoristischen, klischeehaften Typisierungen wirken wie aus dem Leben gegriffen. Sie sollten unterhalten und enthielten keine sozial motivierte oder moralisierende Botschaft, weshalb seine Bilder großen Anklang beim bürgerlichen Publikum fanden.
Auktion Gemälde des 19. Jahrhunderts
9. November 2020
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