GRANDE DAME
Die elegante Darstellung der Industriellentochter Maria Lebreton ist ein vortreffliches Beispiel für die meisterhafte Porträtkunst Eugen von Blaas’. Zugleich zeugt sie vom Prestige des gehobenen Bürgertums im Venetien jener Zeit.
Die Familie Antonini
Von 1889 an hatte die Familie Antonini an der Spitze der Canapificio Veneto Antonini & Ceresa gestanden, einer Hanfspinnerei, der bis 1920 weltweite Bedeutung zukam. Die Lieblingstochter Andrea Antoninis, des großen Industriellen des 20. Jahrhunderts, war die im Porträt rechts dargestellte Maria. Für sie ließ er die prachtvolle Villa Antonini in Crocetta errichten, die Anfang 1900 fertiggestellt wurde. Maria war nicht nur ein aktives Mitglied der Familie, organisierte Feste und kümmerte sich um das Haus, sondern nahm auch eine Schlüsselrolle im Familienunternehmen ein. 1908 heiratete sie Alberto Lebreton, einen Rechtsanwalt aus Treviso, der schließlich nach langer Erkrankung seines Schwiegervaters die Leitung des Betriebes übernahm.
Das Porträt Marias gab ihr Vater vermutlich als Hochzeitsgeschenk bei Eugen von Blaas in Auftrag. Überhaupt erwies sich Andrea Antonini nicht nur als großer Industrieller, sondern auch als Mäzen und Kunstkenner. So veranlasste er die Ausgestaltung der Villa in Crocetta mit Fresken Giuseppe Vizzotto Albertis.
Das Jahr 1909 markiert den Beginn des Niedergangs der Familie Antonini nach der Krankheit von Andrea und der Übernahme der Leitung der Canapificio durch Lebreton.
Biennale von Venedig 1909
Das Gemälde Eugen von Blaas’ wurde auf der Biennale von Venedig 1909 als Beispiel für jene elegante und erhabene Porträtmalerei ausgestellt, die man in Kreisen des Großbürgertums schätzte. Dass es die Tochter des größten Industriellen Venetiens darstellte, verschaffte dem Künstler Prestige und adelte gleichermaßen die Familie Lebreton Antonini.
Das Porträt
Das spektakuläre Porträt der Frau Lebreton Antonini aus dem Jahr 1908 steht als hervorragendes Beispiel für die ganzfigurigen Gemälde Eugen von Blaas’. Die Dargestellte trägt eine schwarze Abendrobe aus Satin und dazu einen modischen Federhut. Geschmückt ist sie mit einer langen Perlenkette und Ohrringen, die Diamanten und Perlen zieren. Auf den Armen der Porträtierten ist eine Tüll-Stola drapiert. Ihr gefiederter Fächer deutet an, dass sie nur kurz innegehalten hat, damit der Künstler und ihr Publikum ihre Schönheit und Eleganz würdigen können. Die glanzvolle Dargestellte blickt elegant zur Seite, wendet sich vom Betrachter ab. Der Künstler wählt einen neutralen Hintergrund und richtet seinen Fokus ganz auf die strahlende Erscheinung der Porträtierten.
AUKTION
Gemälde des 19. Jahrhunderts, 9. November 2020
Palais Dorotheum, Dorotheergasse 17, 1010 Wien
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