Frans Pourbus der Jüngere (1569–1622) hat seine Gemälde selten signiert. Dieses Porträt des extravaganten Vincenzo Gonzaga, 4. Herzog von Mantua, ist das einzige Bildnis des Herrschers, von dem bekannt ist, dass es die Signatur des Künstlers trägt. Die Entdeckung dieses frühen Meisterwerks ist daher von großer Bedeutung für unser Wissen über Pourbus’ Werk und gibt uns einen Einblick in den Hof des prächtigen Herzogs. Das Gemälde ist einer der Höhepunkte der Auktion Alte Meister im November 2021.
Vincenzo Gonzaga – Förderer der Künste
Vincenzo Gonzaga (1562–1612) war ein äußerst einflussreicher Mäzen und Kunstsammler, der seinen Hof in Mantua in ein mondänes Kulturzentrum verwandelte. In seinem Bestreben, seinem Herzogtum eine sichtbarere Rolle auf der großen europäischen Bühne zu verschaffen, sicherte er sich die Dienste berühmter internationaler Künstler, Musiker und Schriftsteller und wurde zu einem bedeutenden Förderer der Wissenschaften. Um sein eigenes Ansehen zu stärken, wollte Vincenzo eine dynastische Bildsprache schaffen. Er machte sich auf die Suche nach einem versierten Künstler, der über die notwendigen Fähigkeiten verfügte, in der eleganten Umgebung des Mantuaner Hofes zu arbeiten und sich zu präsentieren. Der Herzog reiste 1599 in die Niederlande, um Kunstwerke zu erwerben. In Brüssel, am Hof Erzherzog Alberts von Österreich und der Infantin Isabella von Portugal, lernte er zwei begabte Künstler kennen und engagierte sie: den bereits berühmten Frans Pourbus den Jüngeren und den damals noch weniger bekannten Peter Paul Rubens.
Der Hof von Mantua
Als die beiden Künstler im Jahr 1600 eintrafen, gehörte der Mantuaner Hof zweifellos zu den luxuriösesten und extravagantesten in Europa. Unter Vincenzos Herrschaft zählte allein der herzogliche Haushalt über 600 Personen. Die von ihm angelegte Kunstsammlung war legendär: Sie umfasste weit über 2.000 Gemälde und mehr als 20.000 Bronzen, Marmore, Medaillen, Münzen, Waffen, Keramiken, Manuskripte, Bücher und andere Gegenstände. Pourbus, der an das aufwendige spanische Protokoll am erzherzoglichen Hof in Brüssel gewöhnt war, akklimatisierte sich problemlos in Mantua und in seiner neuen Position. Der Herzog gewährte ihm zahlreiche Gunstbezeugungen und der Künstler konnte sich in den Gemächern Vincenzos frei bewegen, was offensichtlich auf ein Vertrauensverhältnis zurückzuführen war. Als Anerkennung für die Wertschätzung des Herzogs erhielt der Maler den Titel „Pittore e Cameriero della Chaive d’oro dell’Altezza di Mantova“. Bezeichnenderweise wurde die gleiche Auszeichnung dem jungen Rubens nicht zuteil. Pourbus schuf seine besten Werke während seiner Jahre in Mantua. Er wurde vor allem mit der Anfertigung von Porträts der herzoglichen Familie beauftragt. Seine Arbeiten aus dieser Zeit zeichnen sich durch ausgeprägten Farbenreichtum und dunkle Dramatik aus, was ihnen eine große Intensität verleiht.
Porträt des Herzogs
In diesem Porträt von Vincenzo sehen wir den Herzog auf dem Höhepunkt seiner Macht und Reife. Das Gemälde ist mit erstaunlicher Detailgenauigkeit ausgeführt, wobei die Haltung des Dargestellten und die nicht idealisierten Aspekte seiner Person, wie der rötliche Ton seines Gesichts und die einzelnen Haare seines Bartes, mit großer Präzision beschrieben sind. Auch die schöne Halskrause aus Burano-Spitze wird detailliert wiedergegeben. Große Aufmerksamkeit widmet der Maler der prächtigen, reich verzierten Rüstung des Herzogs. Das Œuvre von Pourbus umfasst etwa 105 Gemälde, von denen nur 20 signiert sind. Dies macht das vorliegende Gemälde zu einer wichtigen Entdeckung. Eine mögliche Erklärung für das untypische Vorhandensein der Signatur und der Datierung, die auf das Alter des Herzogs verweist, könnte der wahrscheinliche Bestimmungsort des fertigen Werks sein. Es wurde vermutlich für den Prager Hof in Auftrag gegeben. Pourbus setzte seine Arbeit für die Gonzaga-Familie in verschiedenen Formen bis 1610 fort, bis er Hofmaler von Ludwig XIII. in Frankreich wurde.
Information: Mark MacDonnell, Experte für Alte Meister
AUKTION
Alte Meister, 11. November 2021, 16 Uhr
Palais Dorotheum, Dorotheergasse 17, 1010 Wien
alte.meister@dorotheum.at
Tel. +43-1-515 60-403