Grüße aus Moskau
Russische und osteuropäische Maler des 19. Jahrhunderts waren auf dem westlichen Kunstmarkt bis vor wenigen Jahrzehnten kaum bekannt. Umso frischer wirken ihre Werke dort nun. Ihre Kunst ist von einer guten akademischen Ausbildung und emotionaler Intensität geprägt.
Von Olga Sugrobova-Roth
Russische Malerei
Die in den vergangenen 25 Jahren wachsende Beliebtheit russischer Malerei des 19. bis frühen 20. Jahrhunderts allein der Nachfrage finanzkräftiger russischer Käufer zuzuschreiben, würde ihrer Bedeutung nicht gerecht.
Solange der Eiserne Vorhang den Blick versperrte, wussten westliche Kunstliebhaber so gut wie nichts über die russische Malerschule dieser Zeit. Man nahm an, dass ihre Gemälde westlich orientiert, aber von minderer Qualität seien.
Allmählich wurde das kunstinteressierte Publikum jedoch des hohen Niveaus der echten russischen Malerschule gewahr: Deren Wirkungskraft liegt in der Kombination einer guten akademischen Ausbildung mit emotionaler Intensität und besonderer Offenheit. Diese Eigenschaften prägen auch die Werke von Constantin Makowsky, Wilhelm Kotarbinsky sowie der jüngeren Vertreter Alexei Hanzen, Konstantin Gorbatov, Arnold Lachowski, die in der Auktion Gemälde des 19. Jahrhunderts zur Versteigerung gelangen.
Die Zeichnungen Wiktor Wasnezows und die von Iwan Bilibin illustrierten „Russischen Märchen“ bestechen durch ihre fantasievolle und stilgerechte Interpretation nationaler Themen und Folklore. Die „Szene in einem venezianischen Palast“ vom „Welt der Kunst“-Meister Mstislaw Dobuschinski erinnert an die routinierten Arbeiten prominenter russischer Künstler für die Theaterbühne.
Auktion Gemälde des 19. Jahrunderts
Die in der Auktion angebotene russische Kunst ist von Facettenreichtum gekennzeichnet. Wurde noch vor wenigen Jahren alles als „russisch“ bezeichnet, was im Zarenreich und in der Sowjetunion entstanden war, unterscheidet man davon heute klar Grenzgänger und Künstler von anderer nationaler Identität. Ihnen sind auch der mit einer Arbeit seiner Werkstatt vertretene russisch-polnische Maler Henryk Siemiradzki und der polnisch-ukrainische Träumer und Fantast Wilhelm Kotarbinsky zuzuschreiben – beide jüngst in der Sonderausstellung „Henryk Siemiradzki und die russische Künstlerkolonie in Rom“ im Russischen Museum in Sankt Petersburg vertreten.
Zu den Entdeckungen der diesjährigen Auktion gehört auch das stimmungsvolle Ölbild „Frühjahr in Vilno“ des im russischen Wologda geborenen Litauers Edward Mateusz Römer. Die ukrainische Malerei, schon seit einigen Jahren eine fixe Größe, wird durch das monumental wirkende sezessionistische Gemälde „Frühjahr“ von Gerasim Golovkov repräsentiert.
So selten manche osteuropäische Namen auf dem Kunstmarkt auftauchen, so frisch erscheinen ihre Werke. Der Markt ist freilich keineswegs ausgeschöpft – kreative Suche und tiefgehende Recherche sind gefordert!
Olga Sugrobova-Roth ist Expertin für russische Kunst.
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AUKTION
Gemälde des 19. Jahrhunderts
25. April 2018, 16 Uhr
Palais Dorotheum Wien
Information:
Dimitra Reimüller, Expertin für Gemälde des 19. Jahrhunderts