Josef Hoffmann: Jugendstil-Ikone, Wegbereiter der Moderne

Josef Hoffmann

3 Objekte, 3 Stile, viele Wege

Josef Hoffmann gilt als Wegbereiter der Moderne. Die Richtung, die er in seinem Schaffen einschlug, sollte wegweisend sein: beispielhaft und vielfältig, individuell mit Tradition. Drei Objekte der kommenden Jugendstil-Auktion zeigen gut, wie Hoffmann seinen Weg fand.

von Magda Pfabigan

1

Josef Hoffmann, Oberskanne, Teil eines Tee- und Kaffeeservices
Josef Hoffmann, Oberskanne, Teil eines Tee- und Kaffeeservices, Wiener Werkstätte, 1904/05 Silber, Ebenholz Schätzwert € 30.000 – 50.000

„Wie hast du’s mit dem Ornament“?

Das war wohl die Gretchenfrage im Kunstdiskurs des Fin de Siècle: Das „Kunstwollen“ des Art Nouveau hatte seine Antwort gefunden: Alles muss ein Einfall sein, und dieser hat gleichzeitig dem Objekt als Ornament zu dienen!

In der Kunstwelt Schottlands und Englands wurde dieses Postulat schon lange gelebt. Dort hatten sich die „Guild of Handicraft“, das „Arts and Crafts Movement“ und die „Glasgow School of Art“ im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zum Kristallisationspunkt einer neuen Linienkunst entwickelt. Die Erkundigungen der bloßen „Linie“ in ihren überreichen Facetten durch Charles Rennie Mackintosh und Margaret MacDonald setzten sich international durch und fanden in ihrer Geometrie und Strenge in der Wiener Secession und in der Wiener Werkstätte einen neuen Höhepunkt.

Auch die in der kommenden Jugendstil-Auktion angebotene, von Josef Hoffmann 1904/05 entworfene Oberskanne trägt dieses moderne Signum. Doch das Meisterwerk wurde nicht nur in den vergangenen Jahren bei wichtigen Ausstellungen der Wiener Werkstätte präsentiert und bis zuletzt im MAK – Museum für angewandte Kunst gezeigt, sondern folgt auch dem Postulat Charles Ashbees und der „Guild of Handicraft“, wonach jedes Objekt den höchsten Einsatz des technischen und künstlerischen Könnens des Schöpfers demonstrieren sollte. So hat ein früher Beobachter nicht nur bei Ashbee, sondern auch bei Hoffmann jenen Effekt „superber Reinheit auf die rechte Weise“ konstatiert:

„Das heißt, er weiß zu schweigen, sich dort zurückzuhalten, wo ein weitgeschwungener Bogen unverzierter Oberfläche die Schönheit des Gegenstands erhöht.“  („The Studio“,1896/97)

2

Josef Hoffmann, Kaviaraufsatz
Josef Hoffmann, Kaviaraufsatz, Wiener Werkstätte, 1909, Silber, Schätzwert € 20.000 – 40.000

Wir sind im Jahr 1909 –

– im Jahr nach der fulminanten „Kunstschau“, deren erklärtes Ziel es ist, die Durchdringung aller Bereiche des Lebens mit Kunst voranzutreiben. Nicht nur, dass die Wiener Werkstätte hier einen eigenen Raum bespielt, das gesamte Ausstellungsgebäude wird auch von Josef Hoffmann entworfen. Hermann Muthesius kommentiert zu Recht: „Auf den ersten Blick sollte man meinen, daß die gesamte Ausstellung von Hoffmann und Moser gemacht sei“. („Wiener Allgemeine Zeitung“, 19. September 1908)

Doch in der Kunstschau ist nicht nur die größere Vielfalt von Objekten bemerkenswert, die auf die Erweiterung der Hoffmann-Schule durch jungen Künstler zurückzuführen ist, sondern auch die stilistische Neuorientierung: Mit der zunächst eingeschränkten Tätigkeit und dem späteren Austritt von Kolo Moser aus der Wiener Werkstätte kommt es zu einer Abkehr von der „puren Geometrie“ – die Objekte werden dekorativer und floraler. Der sogenannte gebuckelte Efeudekor unseres Kaviaraufsatzes illustriert die neue Tendenz trefflich.

3

Josef Hoffmann, Zwei Silberaufsätze mit Henkeln
Josef Hoffmann, Zwei Silberaufsätze mit Henkeln, Wiener Werkstätte, vor 1925, Schätzwert € 30.000 – 60.000

Es ist ein Abschied

1923 – wieder ist es ein Abschied, der eine Revision des Hoffmann’schen Stils einleitet: Der Tod des 36-jährigen Dagobert Peche beendet eine fruchtbare Zusammenarbeit. Hoffmann ruft ihm nach:

„Nicht einmal alle hundert Jahre, alle dreihundert Jahre einmal vielleicht nur wird einem Land ein solches Genie geboren. Dagobert Peche war das größte Ornamentgenie, das Oesterreich seit der (sic!) Barocke besessen hat. Es ist unfaßbar gewesen, mit welcher Anmut, mit welcher stets durch höchstes Können geläuterten Phantasie Dagobert Peche auf allen Gebieten der Dekorative der weisende Meister war.“
(Zirkular vom 13. Juni 1923)

Doch die höchste Anerkennung erweist Hoffmann dem Verstorbenen nicht durch sein hymnisches Lob, sondern vor allem durch Adaption, Weiterführung und Übernahme stilistischer Elemente der Kunst Peches. Er nimmt ihn so in seine Unsterblichkeit mit. Unsere beiden „Tafelaufsätze“, die Hoffmann vor 1925 entworfen hat, mögen als treffender Beweis für diese These dienen.

 


Magda Pfabigan ist Expertin für Jugendstil und Art Déco im Dorotheum.

AUKTION

Jugendstil und Kunsthandwerk des 20. Jahrhunderts
4. Dezember 2017, 16 Uhr
Palais Dorotheum Wien

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