Das „Profilbild eines Orientalen“ von Friedrich Amerling entstand während eines Aufenthaltes des Künstlers in Konstantinopel. Es gelangt am 9. November zur Auktion.
Reise nach Konstantinopel
Friedrich von Amerling war der beliebteste Porträtmaler des Großbürgertums und des Hochadels im Wien der Biedermeierzeit und einer der angesehensten Künstler seiner Epoche. Das Reisen war ihm seit der Studienzeit vertraut, er studierte in Wien, Prag, Paris und London, bereiste das Nordkap ebenso wie Palästina und Ägypten. Sein Lebensmittelpunkt blieb immer Wien, wo der gefeierte Maler, der 1878 in den Adelsstand erhoben wurde, in einem kleinen Schloss in Wien-Gumpendorf residierte und die bedeutendsten Künstler seiner Zeit empfing. Seine eigene Kunstsammlung wurde 1916 im Dorotheum versteigert. Den Weltrekordpreis für Arbeiten Amerlings hält ebenfalls das Dorotheum mit dem „Mädchen mit Strohhut“, das 2008 in einer Auktion 1,5 Millionen Euro erzielte und sich heute in der Gemäldesammlung des Fürsten von Liechtenstein befindet.
Eine einzigartigen Episode aus der Biographie Friedrich von Amerlings, die Zeugnis von seinem Ruhm als Porträtist gibt, lässt sich für das vorliegende Bild identifizieren:
Der Gesandtschaftsrath der türkischen Botschaft in Wien, ein Herr Manass, ließ sich von Amerling porträtieren. Die Kunde von dem äußerst gelungenen Bildnis erreichte sogar den Sultan in Konstantinopel, der den Maler daraufhin einlud, an die Stadt am Bosporus zu kommen und ihn ebenfalls zu malen. Amerling folgt dieser Einladung, musste jedoch Woche um Woche darauf warten, zum Sultan vorgelassen zu werden. Um sich die Zeit des Wartens zu vertreiben und in all dem Treiben der Stadt Ruhe zu finden, überredete Amerling einen greisen Türken, der einen prachtvollen plastischen Kopf hatte und einen Esel vor sich hertrieb, ihm Porträt zu sitzen. Gegen eine ansehliche Bezahlung stimmte der Mann trotz großer Bedenken schließlich zu. So entstand dieses Profilbild eines Orientalen mit Turban, auch der Esel wurde schließlich in einer eigenen Arbeit verewigt.
Nach langem Warten auf die Begegnung mit dem Sultan ging Amerling wohl die Geduld aus und er kehrte unverrichteter Dinge, aber mit äußerst interessanten Reiseeindrücken und Erlebnissen nach Wien zurück. Das Besondere am hier gezeigten Werk ist die nachweisliche Entstehung des Bildes in Konstantinopel, die der Künstler selbst in der Signatur vermerkt hat.