FENSTER ZUM SÜDEN
Hermine Freiin von Preuschen
Die Werke der deutschen Malerin und Schriftstellerin Hermione von Preuschen bezeugen noch heute die vielfältigen Interessen und den Esprit ihrer Schöpferin. 1856 in Darmstadt geboren, studierte sie ab einem Alter von 19 Jahren an der Kunstakademie in Karlsruhe. Bekanntheit erlangte sie 1887 durch das skandalträchtige historisierende Stillleben Mors Imperator, das eine Allegorie des Todes als Skelett mit den Insignien des Kaisers zeigte. Von Zeitgenossen wurde es als deutliche Kritik am preußischen Kaiser Wilhelm I. verstanden und von der Jury der Berliner Kunstausstellung wegen Majestätsbeleidung abgelehnt. Doch Hermione von Preuschen ließ sich nicht einschüchtern und organisierte nun selbst einen Ausstellungsraum, in dem sie das Gemälde ausstellte und damit ein breites Publikum anzog. Ihre Persönlichkeit muss von Mut, einem starken Willen und eindrucksvollem Auftreten geprägt gewesen sein. Sie bereiste Europa und Asien, verkehrte in illustren Kreisen, war mehrmals verheiratet und setzte sich für Frauenrechte und einen offeneren Umgang mit Erotik ein. Ab 1909 bezog sie eine Villa in Berlin Lichtenfelde, in der sie aufwendige Feste gab und Persönlichkeiten aus aller Welt empfing. Ihre schillernden Lebenserinnerungen wurden 1926 posthum unter dem Titel „Der Roman meines Lebens“ veröffentlicht.
Am 10. Dezember kommen im Dorotheum zwei große Blumenstillleben der Künstlerin zur Versteigerung. Sie gehören zu einem Zyklus großer, hochformatiger Paneele, die auf der Berliner Kunstausstellung 1890 mit Erfolg gezeigt wurden. Die schimmernden Orangen und duftigen, exotischen Blüten entführen den Betrachter an die französische Riviera, deren besonderes Klima und vielfältige Vegetation im ausgehenden 19. Jahrhundert die mondäne Welt anzog. In ihrer Pracht und Üppigkeit kondensieren sie das Lebensgefühl dieser Epoche und erfreuen uns – gerade jetzt im Dezember – als Fenster zum Süden.
Auktion
Ölgemälde und Aquarelle
des 19. Jahrhunderts
10. Dezember 2020, 15 Uhr