Am 8. Juni wird in der Auktion der Gemälde des 19. Jahrhunderts ein Werk mit der Darstellung eines üppigen stimmungsvollen Herbstbouquets von Olga Wisinger-Florian präsentiert:
Es ist das erste Werk, das die Künstlerin rückseitig mit einem Monatsnamen betitelte. Es bildet damit eine Art „Prototyp“ der später für sie so wichtig werdenden Monatsbildern, einem Zyklus von elf Tafelbildern, die Wisinger-Florian zwischen 1890-92 schuf. Die Kompositionen fußen auf ihren berühmten Feldblumenstücken und sind geprägt von einem ganz nahe am Gegenstand gewählten Bildausschnitt. Der Wechsel der Jahreszeiten vollzieht sich in diesem Bilderzyklus an den für den jeweiligen Monat typischen Blüten: von Schneerosen über Kirschzweige, Flieder und Rosen bis hin zu goldenen Ähren, Disteln und Hagebutten bis zu einem schneebedeckten Rosenstrauch. Das vorliegende Los zelebriert den Höhepunkt des Herbstes mit leuchtend roten Hagebutten und Beeren, buntem Laub und dem kühlen Violett der Herbstzeitlosen.
In Ihrem Tagebuch dokumentierte Olga Wisinger-Florian in ihrem charakteristischen Telegrammstil den Entstehungsprozess: Am 23.09.1884 notierte sie „Regen, das schöne Wetter zu Ende, Beerenbouquet begonnen, das erste von den Monaten“ in den folgenden drei Wochen geht sie häufig hinaus in die Natur, sammelt Beeren und Blätter, die ihr als Vorlage und Inspiration dienen. Täglich arbeitet sie an dem „October“-Bild, beginnend mit den verschiedenen Beeren und dem Hopfen im Vordergrund über die gelblichen Blätter in der Mitte und schließlich den offeneren Himmel zu gelangen und wieder zu den Beeren zurückzukehren. Am 9. 10. 1884 notiert sie triumphierend: „Bilder fertig! Schlehen und Nebel Beeren, dann Blätter geändert, Victoria, dies ist das beste von allen Sachen, wenn nur alle so wären!“
Olga Wiesinger Florian (1844-1926) zählt zu den wichtigsten Protagonistinnen der österreichischen Landschaftsmalerei ab den 1880er Jahren. In ihrer Jugend verfolgte sie zunächst eine professionelle Ausbildung als Pianistin und konzentrierte sich erst im Erwachsenenalter, nach ihrer Hochzeit und der Geburt ihres Sohnes, auf die Malerei. Sie gehörte zur Gruppe um Emil Jakob Schindler, der sie zu Anfang sehr ermutigte und förderte. Schon bald stellte sie im Wiener Künstlerhaus, aber auch international aus und zählte Vertreter des hohen Adels und des Kaiserhauses zu ihren Kunden. Ab 1900 setzte sie sich gemeinsam mit Bertha von Suttner und anderen Künstlerinnen verstärkt für Frauenrechte ein. Sie gehörte zu den meist ausgezeichneten Künstlerinnen ihrer Zeit und gilt bis heute als eine der wichtigsten Vertreterinnen des österreichischen Stimmungsimpressionismus.