Giuseppe Tominz: Napoleon der Straße

Giuseppe Tominz, Bildnis des Speditionsunternehmers Paolo Preinitsch im Hafen von Triest, um 1835, Öl auf Leinwand auf Platte, 135,5 x 94 cm, Schätzwert € 70.000 – 90.000

2002 zeigte das Revoltella-Museum in Triest in einer Ausstellung die reduzierte Version eines Dreiviertelporträts des Triestiner Speditionsunternehmers Paolo Preinitsch. Im Begleittext hieß es lapidar, das Original sei „nicht auffindbar“. Nun gelangt das wieder aufgetauchte Gemälde im Dorotheum zur Auktion.

Werke Giuseppe Tominz’ (1790–1866) finden sich in zahlreichen Sammlungen, unter anderem in den Vatikanischen Museen und in der Österreichischen Galerie Belvedere. Der Maler ist vor allem für die Naturtreue und Ausdrucksstärke seiner Porträts des Triestiner Großbürgertums bekannt, zu denen auch das vorliegende Ölgemälde zählt. Es gilt als eines seiner Hauptwerke.

Besonderes Interesse weckt der Dargestellte: Paolo Preinitsch, geboren 1761/62 im Kärntner Rosegg, ging in jungen Jahren nach Triest, wo es ihm gelang, ein bedeutendes Speditionsunternehmen aufzubauen. Nicht zuletzt seine beeindruckende Erscheinung – von Tominz in dem Gemälde sehr gut eingefangen – brachte dem erfolgreichen Geschäftsmann, der das Transportwesen von Triest in die Hauptstadt der Monarchie beherrschte, den Spitznamen „Napoleone delle Strade“ („Napoleon der Straße“) ein. Als Preinitsch 1840 starb, hinterließ er ein beträchtliches Vermögen.

Die jugendlich energische Pose des damals bereits etwa Siebzigjährigen mit den verschränkten Armen zeugt von der Zufriedenheit des erfolgreichen Geschäftsmannes über das Erreichte. Sein Blick ist nach links gewandt, er blickt aber nach rechts, was man als den für einen Unternehmer typischen Blick in die Zukunft interpretieren könnte; bemerkenswert auch der Zylinder mit Seeotterfell. Vor der Pfeilerhalle hinter Preinitsch sind zwei gelbe Postkutschen zu sehen. Auf der Via Commerciale, die sich den kahlen Hang Richtung Laibach hochschlängelt, rast gerade eine weitere Postkutsche zur Küste hin. Rechts quält sich ein mindestens zehnspänniger Wagen den Berg hinauf zur Poststation links oben. Auch wenn Preinitsch damals eigens die stärksten Pferde aus Kärnten und der Steiermark für seine Fuhrwerke nutzte, um den steilen Anstieg der Handelsstraße – der einzigen Verbindung nach Wien – zu bewältigen, mussten die Pferde schon bei dieser Station gewechselt werden. Auch der große Radabweiser oder Hafenpoller rechts unterstreicht Preinitschs Profession.

Dieter Hörwarthner hat Klassische Archäologie in Wien sowie Denkmalpflege und Bauforschung in Berlin studiert.

AUKTION

Gemälde des 19. Jahrhunderts, 8. November 2022, 17 Uhr
Palais Dorotheum, Dorotheergasse 17, 1010 Wien

19.jahrhundert@dorotheum.at
Tel. +43-1-515 60-355, 377

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