Le Puy-en-Velay: Die älteste liturgische Handschrift

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Bei der im Dorotheum am 1. Juni 2015 in der Autographen-Auktion zur Versteigerung kommenden, höchst bedeutsamen Handschrift handelt es sich um ein Rituale/Pontifikale, also die liturgischen Anweisungen für den Priester, ein Sakramentar, für den Bischof, und ein Kalendar für die Kathedrale Notre-Dame in Le Puy-en-Velay. Die wissenschaftlich und liturgiegeschichtlich hoch bedeutende Handschrift ist wohl die älteste für diese Diözese nachweisbare.

Als einer der Ausgangspunkte des Jakobsweges nach Santiago de Compostela und als Bistum mit einer mehr als tausendjährigen Geschichte war die französische, in der Region Auvergne liegende Stadt von jeher ein bedeutendes kulturelles Zentrum.

Die lateinische Pergamenthandschrift ist um die Mitte des 11. Jahrhunderts entstanden, umfasst 276 Blätter im Format 18 x 11 cm und weist eine sorgfältige karolingische Minuskel und einzelne neumierte Abschnitte auf. Außerdem ist das Manuskript durchgehend mit farbigen Initialen, viele mit Flechtwerkdekor, ausgestattet. Besonderes Interesse dürfen sicher die Doppelseite mit zwei sehr großen Flechtwerkinitialen (Vere dignum und Te igitur) sowie zwei kanontafelartig gerahmte Tabellen für sich beanspruchen.

Auch die Provenienz der Handschrift ist gut nachweisbar: So ist die Entstehung des Codex in Le Puy-en-Velay durch den Eintrag der Kirchenweihe und lokaler Heiliger gesichert (11. Juli: Aput Anicium dedicatio ecclesie sancte MARIE virginis). Im frühen 15. Jahrhundert gelangte sie nach Böhmen und befand sich zuletzt in einer alten Privatsammlung.

Der außergewöhnliche Wert des Codex liegt in seinem von jeder Restaurierung unberührten Zustand, seinem hohen Alter, der einheitlichen Ausstattung und der wissenschaftlich kaum zu überschätzenden Zusammenstellung von teilweise unbekannten Texten. Von Seiten der Musikwissenschaft sind darüber hinaus neue Erkenntnisse zur Geschichte der Gregorianik zu erwarten.

Es steht eine umfangreiche wissenschaftliche Erstbeschreibung zur Verfügung, die bei Interesse gerne übermittelt wird, auch im Online-Katalog finden sich weitere Informationen zu diesem, auch für die Wissenschaft, so bedeutenden Werk.

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